Hafenwellenreiter

Drei Jahre dauert die Ausbildung zum Hafenschiffer, am Ende stehen ein Patent und vier Streifen auf der Uniform. Zum ersten Mal lernen auch zwei Frauen auf den Hadag-Fähren

von Marc-André Rüssau

Hört sich doch gut an: Ein Job, bei dem alles im Fluss ist. Und in Bewegung. So stark, dass man sogar im Mitarbeiteraufenthaltsraum seekrank werden könnte. Schließlich treibt auch das Verwaltungsgebäude der Hafen-Dampfschiffahrt-Aktiengesellschaft (Hadag) auf der Elbe. Hier, auf einem Ponton vor der alten Fischauktionshalle, sitzen Lydia Lehmann (18), John Mühleisen (16), Fabian Rußbüldt (16) und Patricia Petersen (17). Seit Montag lernen die vier einen seltenen Beruf: Hafenschiffer.

„Eigentlich müsste es Hafenkapitän heißen“, findet Fabian. Immerhin ist für die Arbeit ein Patent nötig. Drei Jahre dauert ihre Ausbildung, bevor die vier zwischen Blankenese, Ovelgönne und den Landungsbrücken Passagiere im Linienbetrieb verschiffen dürfen. Viele Hamburger wissen nicht, dass die Fahrer der Hafenfähren eine spezielle Ausbildung haben. Das stellen die Jugendlichen auch im Gespräch mit Freunden fest: „Die Frage, was eigentlich ein Hafenschiffer ist, kam oft“, sagt Fabian.

Exotinnen im exotischen Beruf sind Lydia und Patricia. Sie sind die ersten Frauen, die von der Hadag zur Hafenschifferin ausgebildet werden. Zwar gibt es in Hamburg bereits eine solche, doch die kam erst nach ihrer Ausbildung hierher. „Ihr geht in die Hadag-Geschichte ein“, witzelt ein Kollege im Vorbeigehen. Lydia und Patricia sehen das unaufgeregt: „Seit der Kindheit habe ich mit dem Hafen zu tun, weil mein Vater Schiffsbauer ist“, erzählt Patricia. Da war es nichts Besonderes, in seine Fußstapfen zu treten. Auch Lydia wollte schon immer aufs Wasser. Bereits als Kind liebte sie die Fahrt auf den Hadag-Fähren. Hätte es diesmal nicht geklappt – sie wäre hartnäckig geblieben und hätte sich im nächsten Jahr noch mal beworben.

Und freuen sich die älteren Hafenschiffer über den weiblichen Nachwuchs? „Klar, wenn sie kochen können“, sagt einer, und alles lacht. „Man kriegt natürlich auch schon mal Sprüche zu hören“, sagt Patricia, doch das lässt sie kalt. Früher wollte sie Kfz-Mechanikerin werden – da hätte sie sich auch gegen rauere Umgangsformen wehren müssen. Alexander Speck, Auszubildender im zweiten Lehrjahr, freut sich jedenfalls über die neuen Kolleginnen, zumal er sich durch sie „endlich mal interessantere Themen über Sprechfunk“ erhofft.

„Es spielt hier keine Rolle, ob du eine Frau bist, sondern nur, dass dir die Arbeit Spaß macht“, bringt es Patricia auf den Punkt. Und für Prokurist Manfred Tiews waren weibliche Auszubildende ohnehin nur eine Frage der Zeit. Auch auf den Ozeanen seien schon längst weibliche Kapitäne anzutreffen, sagt Tiews und lacht: „Irgendwann müssen wir Männer uns noch emanzipieren.“

Genug zu tun werden die vier neuen Azubis in den kommenden Jahren auf jeden Fall haben. Denn als Hafenschiffer muss man nicht nur lernen, das Schiff kunstvoll von Anleger zu Anleger zu bugsieren. Rettungsschwimmen muss gelernt, der UKW-Funkerschein gemacht werden, und mit der Wartung der Maschinen sollte er sich auch auskennen. Später kommt Schichtdienst dazu – inklusive Arbeitsbeginn um fünf Uhr morgens.

Das schreckt keinen der künftigen Linienkapitäne. Die Freude am Beruf überwiegt: „Das beste ist, dass man eigenverantwortlich arbeitet “, findet John, „Verantwortung trägt für mehr als 100 Passagiere“. „Man hockt nicht nur irgendwo rum, sondern ist selbständig unterwegs“, sagt Patricia. Und Lydia freut sich vor allem „auf die vier Streifen“. Sind die auf der Uniform, darf sie allein im Hafen kreuzen.