Argentinische Generäle im Netz

Spanischer Prozessverzicht beschert Foltermilitärs Haftentlassung. Aber nur kurz

BUENOS AIRES afp ■ Argentiniens Justiz setzt die Aufarbeitung der Militärdiktatur von 1976 bis 1983 fort – obwohl die Beschuldigten jetzt zunächst auf freien Fuß gesetzt werden mussten. Am Montag entschied ein Gericht in Buenos Aires, zwei brisante Prozesse gegen Militärs der früheren Junta wieder aufzurollen. Nach dem Verzicht Spaniens auf einen Prozess entließ ein Richter zugleich alle rund vierzig Betroffenen aus der Auslieferungshaft, darunter auch den als „Todesengel“ bekannten ehemaligen Fregattenkapitän Alfredo Astiz. Am selben Tag beantragte die Staatsanwaltschaft gegen sie Haftbefehl im Rahmen der Ermittlungen zur Operation „Condor“.

Das Bundesgericht in Buenos Aires ernannte am Montag zwei Richter, die sich mit den Vorwürfen von Staatsterrorismus, Folter und Kriegsverbrechen befassen sollen. Richterin María Servini de Cubría soll den Vorgängen in der berüchtigten Marineingenieursschule Esma nachgehen. In dem Folterzentrum wurden etwa 4.000 Menschen gefangen gehalten, die seitdem als vermisst gelten. Über die Machenschaften des Ersten Armeekorps in der Hauptstadtregion soll Richter Sergio Torres ermitteln. Die beiden Fälle sind deshalb so brisant, weil die Anschuldigungen auch Militärs betreffen, die noch immer im Dienst stehen.

Weil Spanien auf die Strafverfolgung verzichtete, hob Richter Rodolfo Canicoba Corral in Buenos Aires die Auslieferungshaft gegen 40 mutmaßliche Folterer der Exjunta wieder auf. Er hatte sie im Juli auf Antrag des spanischen Ermittlungsrichters Baltasar Garzón festnehmen lassen. Ende August beschloss das Parlament in Buenos Aires dann die Aufhebung der Amnestiegesetze, wodurch ein Verfahren gegen die Exmilitärs in Argentinien in greifbare Nähe rückte. Daraufhin verzichtete die spanische Regierung auf einen Prozess.

Die rund 40 ehemaligen Junta-Schergen werden jedoch offenbar nicht lange in Freiheit bleiben. Nach ihrer Entlassung beantragte die Staatsanwaltschaft Haftbefehl gegen dutzende Exmilitärs. Bei der „Operation Condor“, die im Auftrag der Machthaber in Argentinien, Bolivien, Brasilien, Chile, Paraguay und Uruguay ausgeführt wurde, sollen in den 70er- und 80er-Jahren über 200 Oppositionelle weltweit getötet worden sein.