Hoffen nach müdem Sieg

Bayer Leverkusen gewinnt zum Saisonstart mühsam gegen Hannover 96. Trainer Klaus Augenthaler sorgt sich um die Champions-League-Qualifikation. Die Spieler sind schon einen Schritt weiter

AUS LEVERKUSENDANIEL THEWELEIT

Ruhelos wirkte Klaus Augenthaler, „abhaken“ lautete das Wort, das dem Trainer bei seinen Ausführungen zum glücklichen 2:1-Sieg gegen Hannover 96 immer wieder über die Lippen kam. „Schnell abhaken“. Wahrscheinlich hätte er seine Mannschaft am liebsten direkt nach dem Schlusspfiff auf den Trainingsplatz beordert, um weiter zu feilen an den Feinheiten, um die Probleme aus der Welt zu schaffen, die die Abläufe im Spiel von Bayer Leverkusen noch stören –wenige Tage vor dem eminent wichtigen Hinspiel in der Champions-League-Qualifikation gegen Banik Ostrau, den tschechischen Meister. „Nach der extrem holprigen Vorbereitung, wusste ich nicht, wo wir stehen“, meinte Augenthaler. Die EM-Teilnehmer im Kader stießen erst vor zwei Wochen hinzu, die Südamerikaner waren sogar noch länger weg. Es fehlt die Homogenität und sehr frisch wirkten seine Spieler auch nicht. Der siegreiche Trainer hat Sorgen.

„Ich hoffe, wir können die Fehlerquoten in vielen Bereichen, nein in sehr vielen Bereichen, noch bis Mittwoch reduzieren“, sagte er mit aller Ernsthaftigkeit, die seine Stimme hergab. Auch das Siegtor in der 91. Minute hellte sein Befinden kaum auf. „Allerdings“, ließ er sich immerhin entlocken, sei es schon „wichtig, ein gutes Ergebnis erzielt zu haben“. Franca, der überragende Spieler im Team, der den Ausgleich von Bernd Schneider mit einem feinen Pass vorbereitet hatte (49.) und das Siegtor selber erzielte, teilte den Pessimismus seines Trainers dann auch nicht ganz. „Das gibt Selbstbewusstsein für das Champions-League-Spiel“, meinte der Brasilianer, der gemeinsam mit Sturmpartner Dimitar Berbatov den stärksten Mannschaftsteil gestellt hatte.

Auch Jens Nowotny machte einen sehr guten Eindruck und hatte großen Anteil am Siegtor. Es war ein Kraftakt, mit dem er in der Nachspielzeit bei enormer Hitze den Ball in der eigenen Hälfte erkämpft, und den entscheidenden Angriff initiiert hatte. „Das sind die Dinge, an denen zieht man sich hoch, die lassen an einen glauben“, sagte der Kapitän. Möglicherweise beeinflussen solche Winzigkeiten eine ganze Saison. Probleme bereiteten die Außen. Paul Freier auf der rechten Seite scheint seine innere Bremse, die ihn schon in Bochum während der Monate des Wechseltheaters hemmte, auch in der neuen Heimat nicht lösen zu können. Er wurde ebenso wie Marco Babic auf der linken Seite zur Halbzeit ausgetauscht.

Diese Maßnahme verbesserte das Bild etwas, aber insgesamt wirkten die Leverkusener müde gegen sehr geschickte Gäste. „Ein Unentschieden wäre verdient gewesen“, meinte Hannovers Trainer Ewald Lienen nach einem Lattentreffer von Neuzugang Ricardo Sousa und einer Großchance von Daniel Stendel zurecht – in der Schlussphase wäre durchaus auch ein Sieg möglich gewesen. Am Ende war es die individuelle Klasse von Nowotny, Franca und Schneider, der das 2:1 vorbereitete, die das Spiel entschieden.

Und da freute sich sogar Reiner Calmund, der vor der Partie offiziell verabschiedet worden war und bei der Übergabe einiger Geschenke einen eher gequälten Eindruck machte. Die Fans hatten sich eine hübsche Choreographie ausgedacht, aber als der Nachfolger Wolfgang Holzhäuser Calmunds Hand schüttelte pfiffen sie. Im Kölner Stadt-Anzeiger hatte Holzhäuser am Samstag verkündet, „ich bin froh, dass Calmund nicht da ist“, es war kein sehr herzlicher Abschied für den Mann, der den Klub groß gemacht hat. Über die wahren Hintergründe der Trennung wird weiter spekuliert, so einfach wie dieses Spiel kann man diese Sache in Leverkusen nicht abhaken.