Hochspannung in der Nachbarschaft

Leukämiegefahr durch Hochspannungsmasten: GAL-Umweltpolitiker fordert Verlagerung von Kindergärten und Schulen. 125.000 HamburgerInnen wohnen in unmittelbarer Umgebung von Überland-Stromleitungen

Die von der Gesundheitsbehörde Ende Juli veröffentlichte Hamburger Leukämiestudie schlägt hohe Wellen. Weil die von der „Hamburger Arbeitsgruppe Epidemiologie“ verfasste 140-Seiten-Analyse „ein erhöhtes Leukämierisiko“ für Kinder sieht, die in der Nähe von Hochspannungsleitungen aufwachsen, fordert der umweltpolitische Sprecher der GAL-Bürgerschaftsfraktion, Christian Maaß, Konsequenzen. Maaß gegenüber der taz: „Die Verlegung von Kindergärten und Schulen, die sich in unmittelbarer Nähe von Überlandleitungen befinden, darf kein Tabu sein.“

Die Ausführungen der Studie, hält Maaß für „besorgniserregend“. Das Ergebnis der Expertise, nach der Kinder unter 15 Jahre, deren Wohnort in unmittelbarer Nähe von Hochspannungsleitungen liegt, besonders gefährdet seien, bestätige zudem die Ergebnisse internationaler Untersuchungen. Zudem lege die Hamburger Leukämie-Untersuchung nahe, dass das Krebs-Risiko sich noch einmal erhöhe, wenn die Heranwachsenden verstärkt den kohlenwasserstoffhaltigen Abgasen des Straßenverkehrs ausgesetzt seien.

Besonders „erschreckend“ findet es Maaß aber, dass die Gesundheitsbehörde aus den alarmierenden Ergebnissen keine Konsequenzen ziehen will: Sie wies in einer Stellungnahme lediglich darauf hin, dass die gültigen Hamburger Abstandsregelungen zwischen Stromleitungen und Wohnbebauung inkraft bleiben sollten.

„Diese Mindestabstände gelten erst seit 1988 und nur für Neubaugebiete, für die ein Bebauungsplan aufgestellt wird“, weiß der GAL-Umweltpolitiker. In Gebieten ohne Bebauungsplan und in Wohnsiedlungen, die vor 1988 erstellt wurden, fände die Abstandsregelung hingegen „keine Anwendung“. Dies aber sei der überwiegende Teil des Hamburger Bestands an Wohnhäusern und Einrichtungen, in denen sich Kinder regelmäßig über Stunden aufhalten.

Nach Berechnungen der Expertengruppe, die die Studie erstellte, wohnen rund 125.000 Hamburger sogar nicht einmal 250 Meter von einer Hochspannungsleitung entfernt. „Wer die Studie ernst nimmt, muss zwangsläufig darüber nachdenken, ob Schulen und Kindergärten, die mitten in einer solchen Zone des erhöhten Risikos liegen, dort bleiben können“, zieht Maaß seine Schlussfolgerungen aus der Analyse.

Der Abgeordnete hat jetzt eine Kleine Anfrage an den Senat eingereicht, mit deren Hilfe er in Erfahrung bringen will, wie viele und welche Wohnungen, Schulen und Kitas in unmittelbarer Nähe von Hochspannungsleitungen liegen. Vor allem aber interessiert den Grünen, ob die Hamburger Landesregierung über weitere Konsequenzen aus den alarmierenden Studien-Resultaten nachdenkt.

Maaß weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass in Schweden bereits vor über zehn Jahren damit begonnen wurde, Stromleitungen in der Nähe von Schulen und Kindergärten zu entfernen. Da könne es nicht sein, so Maaß, „dass Hamburgs Politiker nach solchen wissenschaftlichen Warnsignalen einfach nur die Hände in den Schoß legen“. Marco Carini