berliner szenen Der Doofsprung

Sommer am See

Der See war draußen im Wald und wohl doch kein Geheimtipp mehr. Die Menschen lagen in kleinen Buchten am Ufer. Manche hatten Zelte aufgebaut. Wir gingen lange auf Trampelpfaden, bis wir eine kleine Bucht für uns fanden. Nach dem Rein- und Rausschwimmen lagen wir auf dem Rücken und schauten vier jungen Männern zu, die sich eine Bucht weiter an Tarzanseilen ins Wasser schwangen.

Sie versuchten dabei gleichzeitig artistisch und idiotisch auszusehen, also etwa mit angezogenem Knie aufs Wasser zu platschen. Einer schrie dabei wie Tarzan. M. sagte „Doofsprung“ dazu. Das konnte er am besten. Wir aßen rauchend Melonen und Kuchen, und Banden von Wespen flogen um die grüne Plastiktüte herum, in der unser Abfall war. Du brauchst keine Angst haben; die wollen nur spielen. Wenn man auf die Tüte gezoomt hätte, wär’s eine gute Horrorfilmeinstellung gewesen; am Rande hätten wir entspannte Witze gemacht, dann wäre jemand kurz zum Pissen weggegangen und nicht zurückgekommen. Plötzlich wäre es dunkel gewesen und ein Zweiter hätte sich auf die Suche gemacht usw.

In echt saßen wir auf den Decken, aber viel zu reden fiel uns grad nicht ein. Zwischen uns und der Abendsonne standen hohe Bäume. So gingen wir zu dem Kanal in der Nähe und standen in einer Reihe, damit auf jedes Gesicht Sonne schien. Ein Boot mit Deutschlandfahne fuhr vorbei. Auf dem dahinter wehten eine Totenkopf- und eine EU-Flagge und es gab viele komische Schilder an diesem Kanal. Eins war blau mit Schrägstrich. Auf einem anderen war ein großer Punkt. Weiter hinten schien ein „P“ zu sein. Vielleicht ergab sich der Sinn, wenn man die Schilder hintereinander las. DETLEF KUHLBRODT