Das Ergebnis stört

Hertha BSC verspielt beim 2:2 gegen den VfL Bochum einen fast sicheren Sieg, bleibt aber dennoch optimistisch

BERLIN taz ■ Erstaunlich milde fiel die Reaktion von Dieter Hoeneß auf jenen fragwürdigen Elfmeter aus, der sein Team zwei Punkte gegen den VfL Bochum kostete. „Ich will nicht gleich am ersten Spieltag über Schiedsrichter diskutieren“, sagte der Manager von Hertha BSC, der gemeinhin wie der Zorn Gottes über die Referees herzufallen pflegt, wenn diese seiner Meinung nach gefrevelt haben, und fügte hinzu: „Wir hatten genug Zeit, das Spiel für uns zu entscheiden.“

Eigentlich war die Partie im Olympiastadion ja schon entschieden. Mit 2:0 führte Hertha gegen schwache Bochumer, dominierte die Begegnung nach Belieben, der dritte Treffer der Gastgeber lag in der hitzeflimmernden Berliner Luft. Aber dann köpfte Kalla in der 65. Minute plötzlich den Ball ins Tor, und fünf Minuten später verhängte Schiedsrichter Merk unnachsichtig besagten Strafstoß, nachdem er ein Foul von Lokvenc an Friedrich unmittelbar zuvor nachsichtig übersehen hatte. Auf einmal stand es 2:2, ohne dass die Bochumer sonderlich viel dazu getan hätten.

Das Vergnügen von VfL-Vorstand Dieter Meinhold, „wieder als Nummer eins im Pott in die Saison zu starten“, wirkte angesichts der bescheidenen Vorstellung des Teams etwas deplatziert, besser traf es da schon Peter Neururer. Beim Saisonauftakt stelle sich immer „die eigenartige Frage, wo steht man“, sagte der Bochumer Coach. „Wo wir stehen, das hat man in der ersten Halbzeit gesehen, vor allem in der 6. Minute.“ Da hatte ein Berliner Konter zum 1:0 durch den brasilianischen Neuzugang Gilberto geführt, der seine erste Torchance so kaltblütig nutzte, wie man es in der letzten Saison von einem Herthaner höchst selten gesehen hatte. Nicht zuletzt dem starken Auftritt Gilbertos war es geschuldet, dass man es bei Hertha relativ gelassen hinnahm, in einer Partie, die „4:0 hätte ausgehen können“ (Hoeneß), am Ende nur ein Remis geschafft zu haben. „Mit dem gesamten Spiel bin ich zufrieden“, sagte der Manager, „bloß mit dem Ergebnis nicht.“

Nur zu gut hat man bei den Berlinern in Erinnerung, wie vor einem Jahr das 0:3 zum Auftakt gegen Werder Bremen eine Horrorsaison grässlichsten Ausmaßes eingeleitet hatte. Nie mehr erholte sich die Mannschaft von dieser Schlappe, die Verunsicherung, Chaos und eine ausgedehnte Torflaute nach sich zog. Zu einer soliden Mannschaftsleistung wie jetzt gegen Bochum waren die Herthaner in der letzten Saison erst gegen Ende der Rückrunde wieder fähig, nachdem Hans Meyer schon lange den Trainerjob von Huub Stevens übernommen hatte.

Der neue Coach Falko Götz hat den von Meyer forcierten Verjüngungsprozess zunächst gestoppt und vertraut erst einmal Veteranen wie Hartmann, Bobic oder Dardai: ein Modell, dessen Zukunftsträchtigkeit sich gegen Bochum nicht erschloss. Die Abwehr mit dem vom 1. FC Köln gekommenen Oliver Schröder wirkte jedoch stabiler als zuvor, was aber auch an der Harmlosigkeit der Pottkönige aus Bochum liegen mochte.

Essenziell für das Hertha-Spiel ist jedoch, dass es nicht mehr allein an Marcelinho hängt. Mit Gilberto steht dem in der Vorsaison erst verletzten, dann überforderten Brasilianer ein technisch versierter Kollege zur Seite, der ihm assistieren und ihn nötigenfalls wohl auch ersetzen kann. Gilberto verfügt über ähnliche Fähigkeiten im Spielaufbau, ist torgefährlich und spielt ebenso mannschaftsdienlich wie effizient. Trainer Götz imponiert besonders seine „Ruhe am Ball“, die sich sehr von der Aufgeregtheit abhebt, welche etwa den Aktionen der Stürmer Bobic, Rafael und Wichniarek stets anhaftet.

Während die Bochumer ihren Punktgewinn zu Recht wie einen Sieg feierten, dominierte bei Hertha und bei den 45.435 Zuschauern trotz der Enttäuschung und des Zorns auf Markus Merk vor allem Erleichterung. Erleichterung darüber, dass eine Neuauflage der Huub-Stevens-Passion mit verändertem Personal seit der Partie gegen Bochum ein gutes Stück unwahrscheinlicher erscheint. MATTI LIESKE