Warten auf Licht und Leder

Ein Stromausfall in Bremen bescherte der ARD am ersten Abend der Bundesliga eine Panne – die vermeintlichen TV-Profis blamierten sich, anstatt die Chance zu nutzen

Man möge gnädig sein mit jenem Baggerfahrer, der am Freitag so gegen 20.15 Uhr ein Loch gebuddelt hat. In Bremen, nahe der Weser und dem gleichnamigen Fußballstadion. Der Baggerfahrer hat dabei ein Kabel durchtrennt. Ein ziemlich wichtiges sogar, was in der Folge für quasi griechische Verhältnisse sorgen sollte. Totaler Stromausfall. Ein ganzes Viertel und eine ganze Fußballnation saßen plötzlich im Dunkeln. Doch was bei kreativem Umgang mit der Lage zu einer Sternstunde des öffentlich-rechtlichen Fernsehjournalismus hätte werden können, endete in einer medialen Bankrotterklärung: Die ARD stand auf der Leitung. Hatte bestenfalls komische Strategien gegen das Unvorhergesehene.

Versuch Nummer 1: Man ersetzt den Live-Jubel aus dem Weserstadion durch Bremer Jubel aus der Retorte – sendet die zwölf Wochen alte Meisterschaftsfeier als Endlosschleife: „Werder Bremen forever number one.“ Nach so verbrachten 15 Minuten kann einem auch ein Meister der Herzen auf die Nerven gehen.

Versuch Nummer 2: Man ersetzt Bremer Fußball durch eine Bremer Fußballlegende – sendet die fünf Wochen alte Europameisterschaftsfeier des Ehrengriechen Otto Rehhagel. Tanzt mit DJ Ötzi den Rehakles. Und freut sich als Zuschauer fast ein bisschen, dass es jetzt doch der Klinsi geworden ist.

Versuch Nummer 3: Man unterstellt uns einen populären Geschmack. Beschert uns Jürgen Marcus und die ARD-Schlagerparade, wo wir lernen, dass Fan-Gesänge nicht die schlechtesten aller Tonfolgen sind.

Versuch Nummer 4: Man freut sich gemeinsam mit Vicky Leandros auf die Olympischen Spiele. Erfährt, dass das Gesendete die erste gemeinsame Live-Gala von deutschem und griechischem Fernsehen ist. Nicht aber, dass der Mist in der vorigen Woche schon einmal lief.

Versuch Nummer 5: Man zeigt einen amerikanischen Spielfilm aus den groovigen Siebzigern. Mit Schauspielern, die ein wenig an Paul Breitner und Günter Netzer erinnern. Nicht an Miroslav Klose und Thomas Schaaf.

Eine Stunde später, als die Spieler und zumindest eine Kamera wieder liefen, wollte Monika Lierhaus sich „lieber auf das Spiel konzentrieren“. Da wünscht man sich die RTL-Fußballsendung „Anpfiff“ zurück. Denn ein Peter Klöppel wäre einfach im Übertragungswagen zur nächsten aktiven Steckdose gebraust – und hätte sich durch die Krise geklöppelt.CLEMENS NIEDENTHAL