„Orte am Wasser“: Michael Zibolds Fotos im Altonaer Museum
: Hinter das Idyll geschaut

Wo ist das Wasser? Auf den ersten Blick verblüffen Michael Zibolds Aufnahmen. Seine Ausstellung im Altonaer Museum, die in Kooperation mit dem Fabrik Fotoforum entstanden ist, trägt zwar den Titel Orte am Wasser, sie zeigt aber vor allem Menschen und Häuser. Dass die Menschen in Hafenstädten leben, erschließt sich meist aus den Bildtiteln: „Shanghai 1997“ etwa. Vier Männer sitzen da beim Essen in einem Hinterhof. Oder „Neapel 1996“: Ein Mann mit dicker Brille hält ein Jesus-Bild. Eins von diesen Wackelbildern, auf denen Christus mal offene, mal geschlossene Augen hat. Michael Zibold hat genau den Moment dazwischen eingefangen, in dem uns Jesus mit einem offenen und einem geschlossenen Auge anguckt.

Der richtige Moment. Michael Zibold hat ein Gefühl dafür. Vielleicht wirken seine Aufnahmen deshalb so zeitlos. Und obwohl Zibolds Schwarz-Weiß-Fotos fast nostalgisch anmuten, erzählen sie Alltagsgeschichten. Da schleppt ein Mann in Palermo zwei dicke Fische über das Pflaster, da schlafen Straßenkinder auf einem Gehweg in Rio. Soziale Reportagefotos sind Zibolds Bilder aber nicht: Zu ästhetisch sind die Bilder des 1957 geborenen Fotografen. Hinter dem schönen Schein sucht Zibold nach verborgenen Wahrheiten. Ihn interessiert, wie die Hafenstädte nicht nur Weltoffenheit, sondern auch Einschränkung bedeuten. Auf den ersten Blick ist „Lissabon 2000“ zum Beispiel eine stimmungsvolle Aufnahme. Aber hinter dem Weichzeichner bringt Zibold eine zweite Schicht zum Vorschein: das Eingerüstetsein im urbanen Leben. KARIN LIEBE

Di–So 10–18 Uhr, Altonaer Museum; bis 26. 10.