Die Vergangenheit ist grau

Die Ausstellung „Anwälte ohne Recht“ erinnert an jüdische Hamburger Anwälte, die schikaniert und nach ihrem Berufsverbot 1938 Opfer der Nazis wurden

Im Jahre 1933 waren in Hamburg 646 Rechtsanwälte zugelassen. Fünf Jahre später, am 30. November 1938, wurde von den Nationalsozialisten ein Berufsverbot für alle jüdischen Anwälte verhängt. 235 Menschen waren von heute auf morgen arbeitslos. Und nicht nur das: Wer in der Hansestadt blieb, musste mit seiner Deportation und einem baldigen Ende im KZ rechnen.

In der Wanderausstellung „Anwälte ohne Recht“, die vom 1. bis 19. September im Hamburger Rathaus gastiert, werden Biographien von Betroffenen beleuchtet. Die Texte auf den insgesamt 19 Tafeln versuchen, Unfassbares in Worte zu fassen, wie das Schicksal des Anwalts Dr. Alexander Coper. Durch den Ersten Weltkrieg bereits kriegsversehrt, verlor er 1935 seine Zulassung als Notar und 1938 die als Anwalt.

Aufgrund seiner „Mischehe“, die allen Juden mit arischen Frauen Immunität garantierte, blieb er bis zum 21. Juni 1944 von den Nazis unbehelligt. Als jedoch seine Frau infolge eines Bombardements auf Berlin starb, wurde Coper sofort verhaftet und mit dem 112. Alterstransport am 27. Oktober 1944 nach Theresienstadt deportiert. Er überlebte. Von anderen Anwälten, wie von Dr. Ludwig Hecht zum Beispiel, weiß man bis heute nicht, wie und wann sie zu Tode kamen.

Bei der Eröffnung sprach die Präsidentin der Hamburger Bürgerschaft, Dorothee Stapelfeldt, von der Ausstellung als einem „Höhepunkt dieses Gedenkjahres“ neben der Ausstellung zum Konzentrationslager Fuhlsbüttel (KOLAFU).

Die von der Bundesrechtsanwaltskammer und dem Deutschen Juristentag e. V. veranstaltete Ausstellung war vor Hamburg bereits in 19 deutschen Städten zu sehen. An jedem Standort wird sie um einen weiteren Beitrag zur eigenen Geschichte ergänzt. Für die kritische Erforschung von Hamburgs Vergangenheit zeichnet Heiko Morisse, Richter am Hanseatischen Oberlandesgericht, verantwortlich. Sein die Ausstellung begleitendes Buch heißt „Jüdische Rechtsanwälte in Hamburg. Ausgrenzung und Verfolgung im NS-Staat“ (Christians Verlag, 24 Euro). Das darin vorhandene Material gebe „einmal mehr Anlass, die Rolle Hamburgs im ‚Dritten Reich‘ neu zu überdenken“, so der Verlag. Tonio Postel

Öffnungszeiten des Rathauses: Montag bis Freitag, 7 bis 19 Uhr, Sonnabend und Sonntag, 10 bis 14 Uhr, Eintritt frei