nebensachen aus stockholm
: Sex und Crime im Sommerloch

Der August hat sich bis jetzt ganz ordentlich eingeführt. Doch ansonsten glänzte der Sommer in Schweden in diesem Jahr mit regennasser Abwesenheit. Und passenderweise gab es auch das obligatorische Sommerloch in den Medien nicht so wie gewohnt. Die Zeitungsspalten waren proppenvoll mit aktuellen Storys. Und da brauchten die Redaktionen nicht einmal auf einen gewissen schwedischen Trainer der englischen Fussballnationalelf zurückzugreifen. Stattdessen konnten sie sich sich darüber mokieren, in welch geschmacklosen Tiefen die britischen Boulevardkollegen herumwühlten.

Doch vorwiegend Sex und Crime waren es schon, mit denen das Sommerloch gefüttert sein wollte. Was kann sich eine Redaktion mehr wünschen, als dass binnen einer Woche gleich zweimal schwere Jungs, darunter Polizistenmörder und gewalttätige Neonazis, aus den Knästen ausbrechen. Und sich dann herausstellt, dass das angeblich sicherste Gefängnis Schwedens nicht mal über funktionierende Metalldetektoren verfügt.

Vor allem handelte der schwedische Sommer aber von Knutby. Ein kleines Kaff nahe Uppsala, das niemand kannte und jetzt keiner mehr findet. Denn es hat nun kein Ortsschilder mehr – die haben Souvenirjäger geklaut. Die Hauptpersonen der Geschichte: der Pastor der dortigen Pfingstgemeinde, das Kindermädchen und die beiden Ehefrauen des Pastors. Letztere segneten schnell aufeinander folgend das Zeitliche. Zu Recht, wie der Witwer fand. Denn die erste war aufgrund ständiger Jammerei seiner nicht wert. Und so sei es nur natürlich gewesen, dass sie in der Badewanne unglücklich ausrutschte und mit dem Kopf auf den Wasserhahn aufschlug. Sie „lebte nicht recht“, darum habe sie „Jesus heimgeholt“.

Die Nachfolgerin vermied nach dieser Erfahrung vermutlich die Wanne. Deshalb musste mit einer Pistole nachgeholfen werden. Denn auch sie – genau! – „lebte nicht recht“: „Sie stellte in Frage, was ich sagte. Das ist Aufruhr. So funktioniert das eben in einer Ehe in Knutby.“

Da müssen Frauen ihre Männer fragen, wenn sie einkaufen fahren wollen. Sonst öffnet sich die Himmelspforte. Das Kindermädchen, mit dem Herr Pastor seit zwei Jahren eine sexuelle Beziehung hatte, war auserkoren abzudrücken. Einige nächtliche SMS-Mitteilungen des Pastors genügten, die ihm Hörige zur Täterin werden zu lassen.

Damit es jetzt nicht unübersichtlich wird, sei die Nachbarsfrau, welche dem fleischeslustigen Pastor anschließend „von der Verheißung ausersehen“ war und deren Ehemann, der sich mit einer Schusswunde wiederfand, mal weggelassen.

Herr Pastor ist nun zu „lebenslänglich“ verurteilt worden, das Kindermädchen sitzt in einer psychiatrischen Klinik. Die Filmrechte sind vergeben und ein „Knutby-Spiel“ gibt es auch schon. Dabei geht es, je nachdem wie die Würfel fallen, um Sex in verschiedenen Kombinationen und um SMS-Mitteilungen von Jesus. Die unglaublichsten Geschichten schreibt eben auch in Schweden die Wirklichkeit.

REINHARD WOLFF