Vom Dönermann zum Millionär

Immer mehr Türken und türkischstämmige Deutsche machen sich selbständig. Schon über 20.000 Unternehmen in NRW. Ruhrgebiet ist das Zentrum der türkischen Ökonomie in Deutschland

VON ULLA JASPER

Die Deutschen müssen ihre Klischees überdenken. Das ist eines der Ergebnisse einer Studie über Unternehmensgründungen türkischer Einwanderer, die das Zentrum für Türkeistudien (ZfT), gestern in Essen vorstellte. Demnach hat sich unbemerkt von der deutschen Öffentlichkeit die wirtschaftliche und soziale Struktur der türkischen Migrantinnen und Migranten in NRW in den letzten Jahren erheblich verändert. Türkisches Unternehmertum ist heute mehr als die Dönerbude um die Ecke.

Die Studie habe gezeigt, dass die Zahl türkischer oder türkischstämmiger Unternehmer in diesem Jahr auf 20.500 gestiegen sei, und dass diese mittlerweile in mehr und mehr Branchen tätig seien, so Faruk Sen, Direktor des ZfT. Türken betreiben nicht mehr nur gastronomische Betriebe, sondern leiten ebenso Bau- und Handwerksunternehmen, IT- oder Finanzfirmen. Diese Unternehmen erwirtschaften durchschnittlich einen Jahresumsatz von von 515.000 Euro und beschäftigen im Mittel 5,4 Mitarbeiter, von denen ein Drittel nichttürkisch ist. Auch die angebotenen Produkte und Dienstleistungen richten sich nicht mehr ausschließlich an die türkische Minderheit in Deutschland. „Die türkischstämmigen Selbständigen haben die Nischenökonomie der türkischen Community verlassen“, sagt Faruk Sen. Mehr und mehr Produkte seien sogar in deutschen Supermärkten erhältlich.

Einen Grund für den Unternehmerboom sieht Sen in der verbesserten Ausbildungsstruktur der jetzigen Unternehmergeneration. In dem Bericht heißt es dazu: „Das Bildungsniveau der zweiten Generation ist trotz nach wie vor bestehender Probleme der Integration in das deutsche Schul- und Ausbildungssystem deutlich höher als das der ersten Generation“. Außerdem seien auch die Probleme auf dem deutschen Arbeitsmarkt für viele Türken ausschlaggebend, um sich selbständig zu machen. Ein weiterhin bestehendes Informationsdefizit bei der Betriebsgründung, Fehler bei der Standortwahl sowie mangelndes Vertrauen deutscher Banken und Behörden erschwerten jedoch türkische Start-Ups, so Sen.

Die Regionale Transferstelle für ausländische Selbständige am ZfT versucht deshalb, dieses Informationsdefizit auszugleichen und türkische Unternehmer zu beraten. Insbesondere der mangelhafte Zugang zu öffentlichen Fördergeldern sowie zu öffentlichen Beratungs- und Informationsmöglichkeiten werde von türkischen Unternehmern kritisiert: „Hier ergibt sich eindeutig Handlungsbedarf für die Wirtschaftsförderung“, sagt Yunus Ulusoy, Koordinator der Transferstelle.

Eine weitere Aufgabe sehen die Projektkoordinatoren in der Verbesserung der Aus- und Weiterbildungssituation in türkischen Betrieben. Wie die Studie gezeigt hat, bilden nur 12,4 Prozent der Unternehmen aus. Aber auch das kennen wir ja irgendwie von deutschen Unternehmern.