Nix Hängematte

Sabbaticals: Barbara Siemers hat erforscht, dass Deutsche in der Auszeit oft aufgeschobenen Alltag erledigen

bremen taz ■ Die Bremer Sozialwissenschaftlerin Barbara Siemers hat in ihrer Doktorarbeit untersucht, wie Sabbaticals, ein Teilzeitmodell aus der angelsächsischen Arbeitswelt, in Deutschland angenommen werden. Sie widerspricht der Idee vom Sabbatjahrnehmer als Weltreisendem oder Extremkletterer.

Was genau umschreibt der Begriff Sabbatjahr?Eine zeitweilige Unterbrechung des Berufslebens – für ein Jahr oder mehrere Monate. Rechtlich gesehen handelt es sich meistens um ein Teilzeitmodell: Man spart Arbeitszeit an, indem man bei gleich bleibender Arbeitszeit einen geringeren Lohn erhält. Diese Zeit feiert man dann als Sabbatical ab. Manchmal werden auch betriebliche Sonderleistungen wie etwa das Weihnachtsgeld in freier Zeit abgegolten.

Was hat Sie daran interessiert? Sabbaticals sind ein typisches Symptom der heutigen Arbeitswelt, die immer flexibler wird – und mich hat auch der Reiz des relativ Neuen inspiriert. Sabbatjahre gab es erstmals 1989 im Berliner öffentlichen Dienst, als durch die Wiedervereinigung Personalüberhang herrschte. Berlin und der öffentliche Dienst sind Vorreiter geblieben. Seit ein paar Jahren gibt es Sabbaticals aber verstärkt auch in anderen Bundesländern und in der Privatwirtschaft.

Um den Begriff Sabbatical ranken sich Mythen von Freiheit und abenteuerlichen Projekten, die in dieser Zeit verwirklicht werden. Treffen die zu?Das Sabbatical ist selten ein Jahr in der Hängematte. Weltreisen und ähnliche Unternehmungen kommen manchmal vor, meist nutzen Sabbatjahrnehmer die freie Zeit aber für eher alltägliche Dinge. Berufliche Weiterbildung spielt eine große Rolle, aber auch Kinderbetreuung oder die Notwendigkeit, Lebensentscheidungen zu treffen. Ziehe ich jetzt mit meinem Freund zusammen oder nicht? Freie Zeit bietet da die Möglichkeit so etwas zu organisieren und auszuprobieren. Oft sind Arbeitnehmer aber auch einfach ausgebrannt und brauchen eine Pause. In manchen Branchen ist ja heute ein zweiwöchiger Urlaub schon ein seltener Luxus.

Müssen Sabbatical-Nehmer einen Karriereknick befürchten?Es ist schon richtig, dass das Sabbatical unserem traditionellen arbeitskulturellen Verständnis widerspricht. Wer essen will, muss auch ordentlich arbeiten – das ist immer noch in vielen Köpfen verankert. Sabbatjahrnehmer sind aber in den meisten Fällen genau das Gegenteil von Leistungsverweigerern. Gerade in dieser Gruppe ist die Identifikation mit dem Beruf meist besonders hoch. Die Kehrseite dieser Leistungsbereitschaft ist dann oft, dass die Leute überarbeitet sind. Ein Sabbatjahr ist da eine gute Möglichkeit, diese Dominanz des Beruflichen in eine flexiblere Planung der Lebensarbeitszeit umzumünzen.

Was kann ich tun, wenn mein Arbeitgeber keine Sabbaticals anbietet?Das neue Teilzeitgesetz bietet eine Grundlage, Sabbaticals als Teilzeitmodell umzusetzen. Wenn also keine zwingenden betrieblichen Gründe entgegenstehen, verbessern sich in Betrieben mit mehr als zwanzig Mitarbeitern die Chancen, ein Sabbattical durchzusetzen. Ich kann auf jeden Fall nur dazu raten. In meiner Studie haben viele Befragte berichtet, dass ihr Sabbatjahr die beste Zeit ihres Lebens war.

Fragen: Axel Domeyer