Glaube genügt nicht

Mainz 05 ist bei seinem Debüt in der Bundesliga noch etwas überfordert und unterliegt in Stuttgart mit 2:4

STUTTGART taz ■ Am Ende, als alles schon gesagt war, wollte der Mann vom Boulevard dann doch noch etwas ganz Wichtiges wissen. Wem er denn sein Tor gewidmet habe, immerhin das erste in der Bundesliga-Geschichte des FSV Mainz 05. Christoph Babatz, der, angefeuert von einem mehrtausendstimmigen „Bum Bum Babatz“-Chor, in der 48. Minute einen Freistoß aus 25 Metern zum 1:2 in die Maschen des Stuttgarter Tores gedroschen hatte, konnte mit der Frage nichts anfangen. „Was willst du denn hören?“, fragte er den Reporter, „wir haben verloren, da mache ich mir doch keine Gedanken, wem ich mein Tor widme.“

Fast 100 Jahre mussten die Freunde des FSV Mainz 05 warten, ehe die Spieler ihres Klubs erstmals den Rasen eines Erstligastadions zu einem Pflichtspiel betreten durften. Zweimal in letzter Sekunde am Aufstieg gescheitert waren die Mannen um Trainer Jürgen Klopp, ehe sie den Sprung nach oben doch noch schafften. Die Leistung beim 2:4 zur Premiere in der neuen Welt beim VfB Stuttgart konnte allerdings die Zweifel nicht beseitigen, dass der Erstligaaufenthalt nur eine Episode bedeuten könnte in der Historie des Kleinstklubs aus der Landeshauptstadt.

Und vielleicht fallen manchen Reportern deshalb so dämliche Fragen ein, weil sie den Mainzern unterstellen, sie befänden sich eh nur auf einer einjährigen Feiertour durch die Stadien der Republik, um die ihnen zugeflogenen bundesweiten Sympathien zu genießen. Wer das glaubt, unterschätzt die Professionalität und das Erfolgsstreben der Mainzer-Macher. Und deshalb reagierte Christoph Babatz auch so verärgert. Nachdenklich stimmt den wuchtigen Mittelfeldspieler aber die maue Leistung: „Wir müssen uns eher Gedanken machen, wie einfach wir es den Stuttgartern gemacht haben.“

Der Anspruch der Mainzer ist es auch in Liga eins, mit aggressivem Forechecking die Gegner unter Druck zu setzen. So formuliert es jedenfalls Jürgen Klopp, der ehrlich zugab, dass sein Team am Sonntag diesem Anspruch nicht gerecht geworden war. Nach einer halben Stunde stand es durch zwei Treffer von Cacau 2:0 für den VfB, und bis zur Pause schien es, als habe ausgerechnet die Mannschaft des notorischen Optimisten Jürgen Klopp den Glauben an sich verloren. „Davon war ich enttäuscht“, gestand der Trainer.

Mainz begann das Spiel ohne Neuzugang, mit jener Elf, die für den wundervollen Aufstieg der letzten Jahre verantwortlich war. Eine Mannschaft, die sich über den Glauben an das „Wir“ definiert. Es findet sich aber im Mainzer Kollektiv kein herausragender Einzelkönner. Eine markante Schwäche, die auf hohem Niveau nicht zu kompensieren ist. Zumal, wenn das System nicht funktioniert und einige zudem mit den schnelleren Abläufen in Liga eins (noch) überfordert scheinen. Immerhin: Ganz im Stile ihrer kleinen Dramen der Vergangenheit kehrten sie aus heiterem Himmel wieder zurück ins Spiel, zunächst nach Babatz’ 1:2 und dann auch plötzlich wieder, als Bodog nach Meißners 3:1 erneut der Anschluss gelang, ehe Cacau mit seinem dritten Treffer die Entscheidung herbeiführte.

Die Hoffnung auf den Klassenerhalt, der mindestens so spektakulär wie der Aufstieg wäre, ist dennoch groß. Stuttgart sei ein Spitzenteam, und nicht jede Woche ständen so starke Gegner auf dem Platz, so Präsident Harald Strutz, der der Mannschaft vertraut und glaubt, diese hole die nötigen Punkte in den Heimspielen. Indes: Sollte sich in den nächsten Partien zeigen, es reiche nicht mit diesem Kader, dann werde man auch über eine personelle Nachrüstung diskutieren, so Stutz. Zur Lachnummer will der selbst ernannte Karnevalsverein bestimmt nicht werden beim Narhallamarsch durch die Bundesliga.

Der Einstand von Matthias Sammer als neuer VfB-Trainer hingegen ist zumindest vom Ergebnis her geglückt. Der Magath-Nachfolger wartete nach einer stillen Umstrukturierung im administrativen Bereich auch mit anderen sportlichen Ideen auf. So spielt Aliaksandr Hleb nun zentral im Mittelfeld, während Horst Heldt auf links wuselt. Noch klappt längst nicht alles, aber Sportler huldigen der Hoffnung und hassen den Zweifel. „Wir können es besser“, lautet daher Sammers kurzes Resümee. Daran glauben sie auch in Mainz.

TOBIAS SCHÄCHTER