Sudan übertölpelt die UNO

Neuer Darfur-Plan von Sudans Regierung und UNO: Statt dem Ende des Milizenterrors binnen 30 Tagen sollen „sichere Zonen“ identifiziert werden. Folgt die Zwangsumsiedlung der Vertriebenen?

VON DOMINIC JOHNSON

Sudans Regierung hat gestern förmlich der neuen Vereinbarung zu Darfur zugestimmt, die ihr Außenminister Mustafa Ismail Osman am Freitag mit dem UN-Sonderbeauftragten Jan Pronk geschlossen hatte. Der von beiden Seiten gefeierte „Aktionsplan“ beinhaltet keine komplette Erfüllung der Forderungen nach Sicherheit für Darfurs Zivilbevölkerung und Entwaffnung der Janjaweed-Milizen, wie sie der UN-Sicherheitsrat am 30. Juli erhoben hatte. Es geht lediglich um „Aktionen“, mit denen Sudans Regierung ihre „Entschlossenheit zur Einhaltung“ dieser Resolution „demonstrieren“ will.

Demnach wird die Regierung des Sudan „Regionen von Darfur identifizieren, die innerhalb von 30 Tagen sicher gemacht werden können“, und dann „sichere Routen zu und zwischen diesen Gebieten“ herstellen. Innerhalb dieser Regionen würde Sudans Armee ihre Angriffe auf Darfurs Rebellen einstellen. Es könnten sich dann dort Kriegsvertriebene ansiedeln. Was die regierungstreuen Janjaweed-Milizen angeht, die über 1,2 Millionen Menschen in Darfur vertrieben haben, will die Regierung „jene Milizen, auf die sie Einfluss hat, identifizieren und nennen, und sie beauftragen, ihre Aktivitäten einzustellen“. Sowohl die Milizen wie auch die Darfur-Rebellen würden dann ihre Waffen niederlegen.

Das Konzept der „sicheren Zonen“ widerspricht der bisherigen internationalen Forderung nach sicherer, freiwilliger Rückkehr der Vertriebenen in ihre Heimatdörfer. In der letzten Vereinbarung zwischen UNO und Sudans Regierung zu Darfur vom 3. Juli war noch von „freiwilliger Rückkehr“ der Vertriebenen in ihre Heimat die Rede gewesen – zuvor war davon berichtet worden, dass Sudans Armee in Einzelfällen Vertriebene zur Rückkehr in zerstörte Dörfer zwingt.

Menschenrechtler fürchten, dass die neue Sprachregelung die erzwungene Umsiedlung der Völker der Fur, Zaghawa und Massalit in Darfur legitimieren soll. Schon seit Wochen geistert das Konzept von „Friedensdörfern“, in denen sich Vertriebene dauerhaft und sicher ansiedeln können und im Gegenzug das Recht auf Rückkehr in ihre angestammten Siedlungsgebiete aufgeben würden, durch die Diskussion um eine Friedensregelung für Darfur. Der US-Diplomat Roger Winter, Beauftragter für Nothilfe in der US-Entwicklungshilfebehörde USAID, sagte vor kurzem in Washington: „Es scheint die Intention seitens der Regierung zu geben, wesentliche Teile der vertriebenen Bevölkerung zurückzusiedeln oder an neue Orte zu bringen. Wenn das geschieht, wird es ein großes Problem, denn die Leute haben schreckliche Angst.“

Daher steht die neueste Vereinbarung mit der UNO den geplanten Friedensgesprächen mit den Darfur-Rebellen entgegen, die die Afrikanische Union ab 23. August in Nigeria abhalten will. Die Regierung hat diesen Gesprächen zugestimmt, aber die radikalere der beiden Rebellenbewegungen – die JEM (Bewegung für Gerechtigkeit und Gleichheit) – hat gesagt, sie könne den Termin wegen einem geplanten Treffen in Deutschland nicht einhalten. Sudans Regierung verlangt nun, dass die internationale Gemeinschaft die Rebellen zu Gesprächen zwingt.

Deutlich ist, dass die Regierung in Khartum sich seit der neuen Vereinbarung mit der UNO diplomatisch im Aufwind fühlt. Die Arabische Liga wies bei einem Außenministertreffen in Kairo am Sonntagabend eine Militärintervention in Darfur ab, und der ägyptische Außenminister Ahmed Abdul Gheit sprach sich dafür aus, dem Sudan 120 statt 30 Tage Zeit zur Umsetzung seiner Versprechen zu geben.

Offen ist jetzt nur noch, was aus dem letzte Woche ins Spiel gebrachten Vorschlag der Afrikanischen Union (AU) wird, eine größere Friedenstruppe von mindestens 2.000 Mann – je 1.000 aus Nigeria und Ruanda – nach Darfur zu entsenden. Der AU-Sicherheitsrat kam gestern in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba zusammen, um darüber eine Entscheidung zu treffen.