Lahme Enten mit vielen Konten

Die aktuellen Zahlen der deutschen Banken sehen recht gut aus. Doch im internationalen Vergleich hinken die hiesigen Institute hinter der Konkurrenz her

HAMBURG taz ■ Die deutschen Banken traben der europäischen Konkurrenz weiterhin hinterher. Eher lahm kommen auch die neuen Halbjahresbilanzen daher, obwohl sie auf den ersten Blick einen recht guten Eindruck machen.

So zum Beispiel beim Börsenneuling Postbank, der seinen Gewinn im ersten Halbjahr erheblich gesteigert hat. Der Gewinn vor Steuern lag bei 289 Millionen Euro, und auch für die Zukunft gibt sich die Post-Tochter eher optimistisch. Die Zahl ihrer Kunden konnten die Bonner seit März um 190.000 steigern – und da fangen die Probleme an.

Die Spanne zwischen den Zinsen für die vielen Sparanlagen und für die wenigen Kredite ist in der sich ganz auf „kleine“ Verbraucher stützenden Bank zu gering, die Zinsspanne sinkt. Dagegen macht einer der profitabelsten Finanzriesen in Europa, die Royal Bank of Scotland, mit etwa genau so vielen Kunden wie die Postbank, 15-mal so viel Gewinn wie die Postbank.

In Bayern konnte wenigstens das größte Sorgenkind der bundesdeutschen Finanzbranche, die Hypo-Vereinsbank, nach Milliardenverlusten in 2003 endlich wieder einen Gewinn im ersten Halbjahr einfahren. 1,4 Milliarden Euro sollen es insgesamt bis Dezember werden. Hinter dieser schicken Fassade der Nummer zwei im Lande verbergen sich jedoch unbekannte Altlasten aus früheren Immobiliengeschäften und ein ganz schwaches Deutschland-Geschäft.

Auch die Commerzbank baut weiter ihren Konzern um. Der erwartete Kauf der BHF-Bank von der niederländischen Muttergesellschaft ING platzte, weil es zu wenig Rationalisierungspotenzial geben soll. Die Commerzbank schwächelt im soliden Geschäft mit Girokonten, Konsumkredite und Sparbüchern.

Jeder Gewinneinbruch – dies gilt insbesondere auch für die Deutsche Bank – im internationalen Investmentbanking oder an der Börse lässt die Waage dann gleich rasch nach unten sinken, weil das traditionelle Gegengewicht des Retailbankings mit „kleinen“ Kunden den Großen heute fehlt, nachdem sich die Bankenbosse jahrelang auf Finanzgeschäfte mit Großkunden verließen.

Einen anderen Weg schlug der heutige globale Branchenprimus Citibank ein. Kaum waren Mitte der Neunzigerjahre in den USA die alten, aus der Weltwirtschaftskrise stammenden gesetzlichen Schranken gefallen, setzte Citibank auf das bewährte, von den Deutschen zeitweilig verschmähte alte deutsch-schweizer Universalbanksystem. Heute verdient die Citibank mit kleinen Kundenkrediten ebenso viel Geld wie mit multinationalen Aktienplatzierungen.

Durch das hausgemachte Ungleichgewicht bei den deutschen Banken fallen die Profitraten im Vergleich zu Spanien, Frankreich und vor allem Großbritannien zu niedrig aus. Dort verdienen Großbanken drei-, viermal mehr als deutsche, den Preis dafür zahlen allerdings die Verbraucher auf der Insel. Denn in Großbritannien teilen sich eine Handvoll Institute schätzungsweise 80 Prozent des Marktes, in Deutschland versorgen mehr als fünfhundert private Banken nur 32 Prozent. Der Großteil der Gelder liegt nämlich auf den Konten von Sparkassen und Genossenschaftsbanken.

Obendrein gilt Deutschland im internationalen Vergleich noch immer als „overbanked“. Zu viele Filialen teilen sich zu wenige Kunden. Trotz der Rationalisierungswelle seit dem Börsenkrach im März 2000, die zehntausende Angestellte den Job gekostet hat, dürften daher weitere Arbeitsplätze vernichtet werden.

HERMANNUS PFEIFFER