Sparen mit fahrenden Kollegen

Das Pendlernetz in NRW verzeichnet in den vergangenen Monaten wegen der hohen Kraftstoffpreise immense Zuwächse. Immer mehr Firmen interessieren sich für die organisierten Fahrgemeinschaften, die Parkplätze und kosten sparen

Umweltbewusstsein ist nur bei Wenigen der Auslöser für eine Fahrgemeinschaft

VON ELMAR KOK

Wenn fremde Menschen Fahrgemeinschaften bilden, geschieht das meist aus wirtschaftlichen Zwängen. „Das Geld ist die größte Motivation“, sagt Ursula Schäfer-Rehfeld, Sprecherin des Pendlernetzes NRW. Das Unternehmen bietet für Städte, Kreise und Firmen eine Internet-Plattform an, über die Menschen sich Fahrgemeinschaften suchen können. Im vergangenen Monat sei das Interesse an Fahrgemeinschaften sprunghaft gestiegen, sagt Schäfer-Rehfeld. „Und das in einem Monat wie Juli, wo die meisten Urlaub machen“, wundert sie sich. Grund seien die hohen Ölpreise, nicht ökologisches Bewusstsein, sagt sie. „Umweltbewusstsein ist nur bei wenigen der Auslöser, eine Fahrgemeinschaft zu bilden“, sagt Schäfer-Rehfeld. In einzelnen Gemeinden suchten 60 Prozent mehr Menschen nach einer Fahrgemeinschaft als im Vormonat.

Bislang haben sich 165 Städte und Gemeinden in zwölf Kreisen sowie acht kreisfreie Städte dazu entschlossen, am Pendlernetz teilzunehmen. Das vor zwei Jahren ins Leben gerufene Dienstleistungsangebot im Internet erreicht damit mittlerweile rund 7,2 Millionen Menschen. Nach Auskunft von Schäfer-Rehfeld sind jeden Tag rund 1,1 Millionen Pendler in Fahrgemeinschaften zu ihrem Arbeitsplatz unterwegs. Neben den Gemeinden umgarnt der Dienstleister mittlerweile auch Firmen. Die Aachener und Münchener Versicherung aus Aachen nimmt am Projekt teil, auch der Landwirtschaftliche Versicherungsverein Münster (LVM) ist schon Kunde des Pendlernetzes.

„Momentan sind wir mit rund 10 Firmen ab 1.000 Mitarbeitern aufwärts in engeren Gesprächen“, sagt Martin Buske, Sprecher der Europe Alive Medien GmbH aus Bonn, die das Pendlernetz technisch umsetzt. Einige Dax-notierte Unternehmen seien auch darunter, sagt Buske. Eines habe sogar mehr als 20.000 Mitarbeiter an einem Standort. Die Firmen könnten mit Hilfe der Softwareplattform ihre Firmenwagen rationeller einsetzen und Unternehmen, die sich in Innenstadtgebieten befinden, Parkraum sparen, sagt Buske. Dadurch „wird auch das Image der Firma bei den umliegenden Anwohnern verbessert“, da Mitarbeiter nicht in den Wohngebieten parken müssten, wenn der Firmenparkplatz voll sei.

Für die Firmen bietet die Europe Alive Medien die Software in drei Versionen an. Eine interne Variante, die nur für das Firmennetzwerk bestimmt ist, wünschen sich Firmen wie beispielsweise Banken im Raum Frankfurt, sagt Buske. „Denn die wollen nicht unbedingt, dass im Auto neue Kontakte geknüpft werden, die eventuell zu einer Abwerbung des Mitarbeiters führen“, wenn Banker der Deutschen Bank zusammen mit Mitarbeitern der Commerzbank zur Arbeit fahren sollten.

Zusätzlich gibt es noch ein einseitig offenes System, das Nicht-Mitarbeitern ermöglicht, die Fahrten des Unternehmens zu nutzen und das gänzlich freie, das nach Fahrten sowohl im Unternehmen sucht, als auch Fahrten von Privatpersonen für die Firmenmitarbeiter ins Angebot mit einbezieht. Das System sei auf allen Betriebssystemen nutzbar, sagt Buske. „Der Kunde nutzt lediglich seinen Browser, um die Anfragen zu tätigen.“

„Ob die Firmen das Angebot des Pendlerservice nutzen, hängt leider oft von einzelnen Personen ab“, sagt Schäfer-Rehfeld. Wenn es in den Industrie- und Handelskammern Personen gebe, die dem Thema aufgeschlossen gegenüberstehen, sei es leichter, potenzielle Kunden zu informieren, sagt sie. Gegner von Fahrgemeinschaften seien oft nur schwer zu überzeugen, dann „müssen wir manchmal ganz schön dicke Bretter bohren“.