ausstellung
: Viel Kunst und zu wenig Wunst

Kunst kommt ja von Können. Käme es von Wollen, hieße es Wunst. Oder Wulst? Egal – in jedem Fall ist es richtig, die Kunstszene immer wieder dahin gehend zu beobachten, ob nicht das hehre Wollen mancher KünstlerInnen ihr begrenztes Können übersteigt. Doch es gibt auch den umgekehrten Fall: viel Können bei wenig Wollen. So gesehen in der Ausstellung „Schöner Schaden“ in der Galerie Skala.

Der Kölner Künstler Herbert Linden (*1955) verbindet Lack und das Bindemittel Kasein zu eigentümlichen Craquelé-Bildern. Hochglänzende Leinwände in Tiefrot, Orange und Eierschal sind von Gitternetzen überzogen, wie sie entstehen, wenn bei alten Bildern der Firnis brüchig wird. Doch hier sind die unregelmäßigen Haarrisse selbst das Programm: Mal ist das Gitter engmaschiger, mal weiter, mal kulminiert der Lackbruch zum wahren Liniengebirge, dann wieder sehen graue Farbflächen mit tiefen Linienkratern wie Mondlandschaften aus.

Eine solche Vorgehensweise setzt sicher Können voraus. Da geht es um Bildaufteilung und Mischungsverhältnisse, um Maltechnik und Farbwahl. Auch sehen diese „Schönen Schäden“ zum Teil wunderbar aus, hochglänzend wie sie leuchten. Nur – was will diese Art von Können?

Ein Infotext schafft Abhilfe: Lindens Objekte seien „Ergebnisse einer freien Entwicklungsarbeit“. Von „Strukturen“ ist die Rede, die sich „zu homogenen Bildern und Gebilden synthetisieren lassen“. Ach so. Freie Entwicklungsarbeit. Der Weg ist das Ziel. Das Kunstwerk steht für sich. Und es kreist um sich selbst. Autoreferentiell nennt man so was, selbstbezogen. Zu sehen ist jedenfalls Craquelé, zwanzigfach. Ist das nicht ein bisschen viel Kunst und zu wenig Wunst? Diese Leinwände sprechen vom Workshop als Kunstwollen, vom formalen Experiment als Bildinhalt, vom Handwerk als Werksinn. Niemand will Ausstellungen, in denen eine sperrige Symbolik den Zugang zu den Exponaten erschwert. Ein Kunstwerk erschließt sich aus sich selbst heraus oder es hat verloren. Aber wenn es nichts zu erschließen gibt als die Schönheit des Craquelé? Als Arbeitsergebnis ist das etwas brüchig – da gibt es nichts zu wollen. Holger Möhlmann

„Schöner Schaden“, Galerie Skala, Lindenstr 21, Tel. 0221/21 00 41, Mo-Fr 12-18, Sa 11-14 Uhr, bis 21.08