Haikus gegen Arbeitsfrust

Für die Sommerakademie Bremen nehmen etliche TeilnehmerInnen den von der Abschaffung bedrohten Bildungsurlaub – und erholen sich so von Berufsroutinen

„Ich hätte nie gedacht, dass das alles in mir steckt“, sagt ausgerechnet eine Biologin, die im Alltag DNA-Stränge am Computer analysiert – hier, in der Schreibwerkstatt der Sommerakademie Bremen, schreibt sie mit Begeisterung Haikus und „Elfchen“, also genau aus elf Worten komponierte Gedichte. Eine andere Teilnehmerin, die als Therapeutin arbeitet, will sich beim Kreativen Schreiben aus dem eingespielten Berufsjargon befreien. Die Leiterin Senta Bonneval kennt das Phänomen: „Oft höre ich von Leuten: ‚Ich muss im Beruf so gefiltert und intellektuell schreiben, dass ich den Bezug zu meiner eigenen Sprache verloren habe.‘“ Neben Schreibanregungen bietet sie deshalb Atem- und Entspannungsübungen an, um die Kreativität anzuregen.

Vierzehn Tage lang sind die 140 Teilnehmer der Sommerakademie Bremen, die vom KUBO und der Volkshochschule Bremen veranstaltet wird, am Werk. Sie verfassen Gedichte, zeichnen Akte, malen mit der alten Technik des „Eitempera“, bei dem ein Wasser-Öl-Gemisch die Farbe bindet, oder unternehmen mit neuen Medien „Digitale Experimente“.

Ein Drittel der Teilnehmer beansprucht dafür Bildungsurlaub. Noch verpflichtet das Bremer Bildungsurlaubsgesetz die Arbeitgeber, fünf Tage pro Jahr unter Lohnfortzahlung Urlaub für kulturelle, politische oder berufliche Bildung zu gewähren. Doch immer wieder gerät der kulturelle Bildungsurlaub in die Diskussion. Vor einem Monat erst sprachen sich Bremer Unternehmerverbände wieder für eine Abschaffung aus.

Der Nutzen kreativer Tätigkeiten für das Berufsleben werde dabei verkannt, so Almut Schwerd, Fachbereichsleiterin Kultur der VHS Bremen. Jetzt sammelt sie Unterschriften von Akademieteilnehmern, um „ein Stückchen Widerstand“ zu leisten. „Bei Managern ist es selbstverständlich, dass sie an Kreativ-Seminaren teilnehmen. Wir fragen uns, warum das nicht auch für die anderen Angestellten gilt.“ Die Schlüsselkompetenz Kreativität könne schließlich jeder gut gebrauchen. sys