Voller Politikgeschichte

Der Bau des Architektenteams S.O.M. in der Marcusallee soll verkauft werden. Vorher aber wollen ihn die Denkmalpfleger unter Schutz stellen – gilt er doch als wichtiges Zeugnis der Nachkriegsmoderne

Tücke des Minimalismus: Kleine Veränderung erzeugt großen Stilbruch

bremen taz ■ Es wirkt wie die Zukunftsvision aus einer vergangenen Zeit: Kubische Formen, Glas und strahlendes Weiß prägen den Bau, der 1953/54 in der Marcusallee als Wohnort für amerikanische Konsulatsangestellte errichtet wurde. Nach einer wechselvollen Vergangenheit, in der das Gebäude auch als Bauamt der Universität, Flüchtlingsunterkunft oder Frauenhaus genutzt wurde, will die Stadt es nun über ihre Gesellschaft für Bremer Immobilien (GBI) zum Verkauf ausschreiben. Neue Investoren könnten dem bauhistorisch wichtigen Ensemble wieder zu seinem alten Glanz verhelfen.

Entworfen wurde das Gebäude von dem amerikanischen Architekturbüro Skidmore, Owings & Merrill (S.O.M.). Sie gelten als wichtige Vertreter des „Internationalen Stils“. Das ebenfalls von ihnen entworfene US-Konsulat am Kennedy-Platz steht bereits unter Denkmalschutz. An den weniger bekannten Häusern in der Marcusallee sind dagegen immer wieder kleine Veränderungen vorgenommen worden. So sollte das dunkel gestrichene Erdgeschoss hinter weißen Säulen dem Bau den Anschein des Schwebens verleihen. Während seiner Nutzung als Uni-Bauamt wurden aber ausgerechnet dort neue Türen eingebaut. Kleine Veränderung, großer Stilbruch: „Bei einem so minimalistischen Bau ist jedes Detail formgebend“, erklärt Rolf Kirsch vom Landesamt für Denkmalpflege. Auch im Gesamtbild ist von der futuristischen Eleganz nicht viel zu spüren: Der Putz bröckelt, über die einst so cleane Fassade wuchern Kletterpflanzen.

Das Bremer Zentrum für Baukultur setzt sich für eine denkmalgerechte Wiederherstellung ein. Auch wenn sich der Charme der nüchternen US-Bauten nicht sofort jedem erschließt: „Da steckt Politikgeschichte drin“, schwärmt Kirsch. Er will ein Verfahren zur Unterschutzstellung einleiten. Ist der Bau erst einmal zum Denkmal erklärt, verpflichtet sich der Eigentümer zum Erhalt. Kirsch hofft hier auf eine Zusammenarbeit mit der GBI, die einen geeigneten Käufer finden soll: „Wir sind da auf einem guten Weg.“

Im Zentrum für Baukultur wurde bereits diskutiert, inwieweit der reduzierte Bau modernisiert werden kann. Bauunternehmer Klaus Hübotter setzt sich seit fünf Jahren für den Erhalt des Gebäudes ein. Er glaubt, dass eine Wiederherstellung des Originalgrundrisses sich lohnt und sich für die ungewöhnlich geschnittenen Wohnungen Liebhaber finden werden. Sys