Sicherheitsmängel auch an U-Bahnhöfen

Geschultes Personal bei S- und U-Bahn kann bauliche Sicherheitsmängel nicht wettmachen. Politiker warnen vor weiterem Personalabbau und fordern mehr Ausgänge. Die BVG bessert nach, das dauert aber noch bis 2007

Nachdem der Rauch sich verzogen hat, beginnt die Suche nach den Ursachen. Das ist nach dem gestrigen Brand der S-Bahn am Anhalter Bahnhof nicht anders. In den vergangenen vier Jahren brannte es zehn Mal in den Tunneln der Berliner U-Bahn und, den gestrigen Unfall mit eingerechnet, drei Mal bei der S-Bahn. Zwar gingen sämtliche Brände recht glimpflich aus, doch kann dies keine Versicherung für die Zukunft sein.

Dieser Ansicht ist auch Claudia Hämmerling, verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion. „Jeder S-Bahnhof muss mit zwei Ausgängen ausgestattet sein“, fordert Hämmerling. Meist sehen Betroffene im Ernstfall die Notausgänge nicht, sei es aus Panik oder wegen schlechter Beschilderung. „Nur ein zweiter Ausgang, der für den Fahrgastbetrieb geöffnet ist, bringt das notwendige Maß an Sicherheit.“

Hier rennt die Politikerin offene Türen ein, denn ein Sprecher der Deutschen Bahn AG, zu der die S-Bahn gehört, ließ wissen, dass ein zweiter Ausgang am Anhalter Bahnhof schon geplant sei. Der Bau solle noch in diesem Jahr begonnen werden, sodass der Ausgang bis kommenden März fertig sei.

Für ebenso wichtig hält die Bahn aber die Präsenz von ausreichendem und geschultem Personal. Hier sind sogar die Grünen und die CDU einer Meinung. Wie Hämmerling spricht sich auch CDU-Verkehrsexperte Alexander Kaczmarek gegen einen Personalabbau an S-Bahnhöfen aus. Seit dem Ende vergangenen Jahres ausgehandelten Vertrag zwischen Senat und S-Bahn GmbH plant das Unternehmen, Personal auf den Bahnsteigen einzusparen. Das hält Kaczmarek mit Blick auf den gestrigen Vorfall für gefährlich. „Besonnenes Personal kann in derartigen Situationen Leben retten“, gibt er zu bedenken.

Die Berliner S-Bahn weist diesen Einwand zurück. „Seit Jahren sind nur zwei Drittel unserer S-Bahnhöfe mit Bahnsteigpersonal besetzt“, gibt der Sprecher des Unternehmens, Ingo Priegnitz, zu bedenken. „Viel wichtiger ist, dass das vorhandene Personal ausreichend geschult ist und in Unglücksfällen richtig reagiert.“ Gestern hatte der S-Bahn-Führer die Lage unter Kontrolle und brachte die Fahrgäste in Sicherheit. Dafür, dass S-Bahn-Mitarbeitende auch in Zukunft einen kühlen Kopf bewahren, tut die S-Bahn GmbH nach Meinung von Priegnitz genug: Mehrfach im Jahr schicke das Unternehmen sein Personal zu Übungen, die die verschiedensten Unglücksfälle trainieren. Erst vor wenigen Wochen war im Nord-Süd-Tunnel das Verhalten während eines Feuers geübt worden.

Doch auch geschultes Personal kann nichts tun, wenn die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen fehlen. So erlitten während der Love Parade im Jahre 2000 rund 30 Menschen im U-Bahnhof Deutsche Oper Rauchvergiftungen, weil die Rauchschwaden den einzigen Ausgang blockierten. 350 Fahrgäste mussten durch die Fahrtröhre evakuiert werden. Noch im Jahr 2000 betrieb die BVG zehn weitere U-Bahn-Stationen, die über nur einen Ausgang verfügten. Seitdem räumte die BVG Sicherheitsmängel ein und entwickelte einen Plan für Umbaumaßnahmen. „Diesen halten wir auch streng ein und setzen ihn so schnell wie möglich um“, versichert Petra Reetz, Sprecherin der BVG. 15 Millionen Euro sind für den Ausbau aller elf Stationen geplant. Mit Britz-Süd, Viktoria-Luise-Platz, Schillingstraße und Innsbrucker Platz sind seitdem vier Stationen mit einem zweiten Ausgang versehen worden. Claudia Hämmerling von den Grünen ist das zu wenig. „In vier Jahren muss mehr passieren.“ Die Nachbesserungen bestünden nicht einfach daraus, ein „Loch zu buddeln“, gibt Reetz zu bedenken, sondern seien aufwändig – und dauerten daher bis 2007.

STEFAN KLOTZ