Karasek kommt

Springer AG erhöht Konzernumsatz und kauft anstelle anderer Zeitungen einen „Tagesspiegel“-Herausgeber

Gestern griff Springer-Chef Mathias Döpfner zum Hörer und las den JournalistInnen am anderen Ende der Leitungen die aktuellen Konzernzahlen vor. Telefonkonferenz nennt sich so was, und alles hätte so schön sein können: Döpfner wär’ mit Melone, Regenschirm und Gurkensandwich dagesessen und hätte stolz verkündet, dass sein Konzern jetzt auch eine der führenden Tageszeitungen Großbritanniens besitzt. Doch es kam anders, der Daily Telegraph gehört mittlerweile bekanntermaßen den schottischen Gebrüdern Barclay. Und so klang Döpfners „Jetzt ist Kaufzeit“-Fanfare, die er auf der Hauptversammlung der Springer-AG im April geblasen hatte, etwas blasser: „Nichts ist schlechter als ein schlechter Deal“, kommentierte der Vorstandschef den Ausstieg beim Telegraph-Übernahmepoker. Bei Springer werde schließlich „nicht aus Prestigegründen in irgendetwas investiert“. Wenn „das für Sie ein Zeichen von Schwäche ist, okay. Dann sind wir eben Schwächlinge“, beschied Döpfner hartnäckige Nachfrager.

Womit wir bei der Welt wären: Springers ewig sieches „Dann eben nicht“-Prestigeobjekt geht es – wie allen Zeitungen des Konzerns – etwas besser. Vor allem mit dem Ableger Welt Kompakt, der kleinen Welt im Tabloid-Format, habe man in den beiden ersten Testläufen in Berlin und Franfurt/Main „sehr positive Erfahrungen gemacht“. Konkrete Zahlen gibt es keine, doch jetzt soll das Blatt ja auch erst mal noch in weiteren Ballungsräumen getestet werden. Die Chance, dass schon in diesem Jahr die Gretchenfrage nach dem bundesweiten, dauerhaften Erscheinen beantwortet wird, sei, so Döpfner, aber „sehr gering“.

Springer lässt sich also Zeit, und die Zahlen steigen trotz nach wie vor schwieriger Branchenlage: Der Konzernumsatz für die ersten sechs Monate liegt mit 1,23 Milliarden Euro satte 32,5 Millionen Euro höher als im Vorjahr. Das Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebita) stieg auf 134,9 von 119,5 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum. Motor war hier wie immer die Bild-Gruppe, auch der restliche Zeitungsbereich und die elektronischen Medien legten zu. Angenehmerweise stiegen im Konzerndurchschnitt auch die Werbeeinnahmen um 3,4 Prozent auf 405 Millionen Euro, mit weiter positiver Tendenz: Erstmals spreche „ jetzt mehr für eine weitere Erhöhung“, so Döpfner. Und so werde das Konzernergebnis 2004 wohl auch insgesamt leicht über dem von 2003 liegen. – Und wer sagt denn bitte, es gäbe keine spektakulären Akquisitionen: Kurz nach der Telefon-PK verkündete der Konzern, dass der bisherige Tagesspiegel-Herausgeber Hellmuth Karasek die Seiten und als Autor zur Welt wechselt. STEFFEN GRIMBERG