Laura Bush verteidigt Ethik und Moral

Die First Lady der USA steigt in den Wahlkampf ein und verteidigt die Grenzen, die ihr Mann der Stammzellenforschung gesetzt hat. Das stößt auch bei vielen Republikanern auf Unverständnis und gibt Herausforderer John Kerry die Chance zur Profilierung

AUS LANGHORNE, PENNSYLVANIA THILO KNOTT

Eigentlich hat Laura Bush mit Politik recht wenig am Hut, außer dass sie nun mal mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten verheiratet ist. Zumindest hält sie sich mit Kommentaren zum Tagesgeschehen äußerst zurück. Einmal deutete sie an, dass sie es nicht verstehen könne, sollte Abtreibung in den USA wieder verboten werden. Ach ja, und die Folterbilder von Abu Ghraib fand sie „sehr, sehr traurig“.

Laura Bush steht am Rednerpult im Sheraton Bucks County Hotel in Langhorne, einer 15.000-Einwohner-Stadt, eine halbe Autostunde von Philadelphia entfernt. Die Gesellschaft für Medizin des Bundesstaates Pennsylvania hatte am Montag geladen, gekommen sind 300 Menschen, die meisten gekleidet in weißen Arztkitteln, Bush-Wähler allesamt. Es war der Auftakt einer zweitägigen Wahlkampftour der First Lady durch sechs umkämpfte Bundesstaaten. Pennsylvania ist einer davon. Und zum ersten Mal stand sie „dem Präsidenten“, wie sie fast durchweg sagte, auch politisch bei: Sie verteidigte die Politik ihres Mannes zur umstrittenen Forschung an embryonalen Stammzellen – und setzte sie auf die politische Agenda dieses Präsidentschaftswahlkampfes.

Dies sei ein „ethisches und moralisches Thema, das können die Kritiker des Präsidenten nicht so einfach von der Hand weisen“, sagte Mrs. Bush. Sie hoffe auch, dass die Erforschung an Stammzellen irgendwann einmal helfe, Krankheiten zu heilen. Aber sie wisse, dass die Forschungen noch nicht sehr weit gediehen seien. „Es ist nicht fair zu sagen, eine ausgedehntere Forschung könne Alzheimer heilen. Es ist nicht fair, den Menschen unbegründete Hoffnungen zu machen, die dabei zusehen müssen, wie ein geliebter Verwandter an dieser Krankheit leidet“, erklärte sie. Vor genau drei Jahren hatte George W. Bush unter dem Druck christlich-konservativer Kreise entschieden, die Forschung an embryonalen Stammzellen nur in begrenztem Umfang staatlich zu fördern. In den Genuss staatlicher Mittel kommen lediglich Projekte, die mit den weltweit bereits gewonnenen rund 78 Stammzell-Linien arbeiten. Fördermittel gibt es in den USA dagegen weder für die Züchtung oder auch Klonung von menschlichen Embryonen zu Forschungszwecken, noch für eine Stammzellen-Gewinnung aus Embryonen, die erst noch getötet werden müssen.

Das Thema Stammzellen ist nicht unheikel für die Republikaner. Gerade wenn Alzheimer zur Sprache kommt. Ronald Reagan, die Ikone der Republikaner, ist daran gestorben. Erst jüngst hatte die frühere First Lady Nancy Reagan den Präsidenten aufgefordert, die Restriktionen bezüglich der Stammzellen-Forschung aufzuheben. 58 Senatoren, Demokraten wie Republikaner, setzten sich dafür ein. Und nicht zuletzt die Rede von Ron Reagan, Sohn von Ronald Reagan, auf dem Bostoner Nominierungsparteitag der Demokraten sorgte für Aufregung: Er hatte ebenfalls Bushs Politik kritisiert und die Delegierten aufgefordert, im November für die Stammzellenforschung zu stimmen. Der Auftritt Ron Reagans war ein Coup für den demokratischen Präsidentschaftskandidaten John Kerry. Dagegen steht nach wie vor der Widerstand der christlichen Rechten, denen Bush in diesem Wahlkampf eine erhebliche Rolle zukommen lassen will.

Die Demokraten hoffen beim Thema Stammzellen also auf eine Spaltung der Republikaner. „Wenn wir durch die Stammzellenforschung die Chance haben, Krankheiten zu heilen und die Leben von Millionen Menschen zu retten, warum sollten wir diese Chance nicht nutzen?“, fragte der Anwärter auf die Vizepräsidentschaft, John Edwards.