Gewalt in Darfur dauert unvermindert an

Human Rights Watch: „Die Situation wird immer unsicherer.“ Afrikanische Union verschiebt Beschluss über Eingreifen

BERLIN taz ■ Die Sicherheits- und Menschenrechtslage in Sudans Krisenregion Darfur hat sich trotz aller Zusagen der sudanesischen Regierung nicht verbessert. Dies konstatiert die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) in einem neuen Bericht, der heute veröffentlicht wird. Der Bericht mit dem Titel „Leere Versprechungen?“ spricht von „täglichen“ Vorfällen von „Vergewaltigung und sexueller Gewalt, Plünderung und anderen Angriffen“.

Die Versprechungen der sudanesischen Regierung, die Bewohner Darfurs vor Milizen zu schützen, könnten nicht ernst genommen werden, schreiben die Menschenrechtler von HRW. „Die sudanesische Regierung gibt jetzt zu, dass sie die Dschandschawid-Milizen nicht zügeln kann, während sie weiterhin leugnet, eine Rolle bei ihrer Entstehung und Instrumentalisierung gespielt zu haben“, heißt es. „Zugleich weigert sie sich, internationalen Truppen die Stationierung zu erlauben, um Zivilisten zu schützen. Wenn die Regierung des Sudans es mit dem Schutz von Zivilisten ernst meint, würde sie eine verstärkte internationale Präsenz willkommen heißen.“

Mit ihrem Bericht bestätigt HRW Aussagen von UN-Beobachtern sowie einer EU-Delegation, die sich kürzlich in Darfur aufhielt. Es sei eindeutig, dass „still und leise“ Massaker stattfänden und dass eine Vielzahl von Dörfern in Brand gesteckt werde, sagte der Sondergesandte des EU-Außenbeauftragten Javier Solana, Pieter Feith, im Anschluss an einen fünftägigen Besuch in der Region. Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR sprach gestern von zwangsweiser Rückkehr von Vertriebenen in ihre zerstörten Dörfer. HRW analysiert: „Die Situation wird immer unsicherer, da der Konflikt sich in einer neuen Phase fortsetzt, in der lokale Machthaber ihre Macht und ihre Kontrolle über ökonomische Gewinne konsolidieren und die Zahl bewaffneter Akteure sich vervielfacht.“

Eine Hoffnung liege eventuell in einer verstärkten Truppenstationierung der Afrikanischen Union (AU), meinen die Menschenrechtler. Diese ist jedoch in weite Ferne gerückt: Der AU-Sicherheitsrat vertagte am Montagabend einen Beschluss über die Entsendung einer großen Truppe nach Darfur auf unbestimmte Zeit. Sudan, das dem Rat angehört, hatte die Truppenentsendung zuvor abgelehnt. Ein AU-Sprecher sagte, ein Beschluss werde erst fallen, wenn AU-Kommissionspräsident Alpha Oumar Konaré das Mandat der Truppe ausgearbeitet, es den Konfliktparteien vorgelegt habe und diese darauf reagiert hätten.

Die Menschenrechtsorganisation amnesty international meldete unterdessen, in Darfur seien zahlreiche Menschen festgenommen worden, weil sie mit Ausländern gesprochen hätten. Allein in Norddarfur seien es mindestens 47 gewesen. Darunter seien Männer aus dem Lager Abu Schauk, die nach dem Besuch des US-Außenministers Colin Powell Ende Juni sowie nach dem Besuch seines französischen Amtskollegen Michel Barnier eingesperrt worden seien. In Nyala, der Hauptstadt von Süddarfur, sei der Menschenrechtsanwalt Abaser Ahmad Abu al-Baschir festgenommen worden. DOMINIC JOHNSON