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: In Visionen investieren oder Kitagebühren bezahlen?

Menschen mit Tatendrang planen neue Nobeldisko

Na das sind doch mal Neuigkeiten. Die Schulden mögen von Stunde zu Stunde wachsen, die Lebenshaltungskosten steigen und auch die Arbeitslosenzahlen wachsen weiter. Aber trotz der Widrigkeiten des Alltags gibt es noch Menschen mit Tatendrang und einem Ziel. Menschen, die an etwas glauben, die antizyklisch denken und bereit sind, sich ihrer Vision zu verschreiben. Auch wenn diese darin besteht, in Berlin eine Nobeldisko zu eröffnen.

Denn wie man aufgrund der zahlreichen gescheitertern Nobeldisko-Eröffnungspläne weiß und von den noch existenten, vermeintlichen Nobeldiskos jeden Tag aufs Neue vorgeführt bekommt, hat es das Nobeldiskowesen in Berlin schwer. Der Shark-Club musste vor Monaten schließen, weil er die Gema-Gebühren nicht mehr zahlen mochte; mittlerweile trägt die Örtlichkeit den Namen Chip, was nicht allzu viel versprechend klingt. Das Blu am Potsdamer Platz musste schließen, weil sich die Türpolitik (keine Turnschuhe, keine Jeans) für Berliner Verhältnisse als untauglich erwies. Inzwischen kennt man das ehemalige Blu unter dem Namen Dorian Gray, was gut passt, denn nachts wird man dort – kleiner Kalauer! – in der Regel nicht alt. Dann wäre da noch das Diva (Friedrichstraße/Ecke Spreeufer), das früher mal anders hieß, doch an den Namen des Clubs, der antrat, dem 90 Grad die Promi-Gäste abspenstig zu machen, kann sich heute niemand erinnern. Das 90 Grad soll es übrigens auch noch geben.

Überraschenderweise existiert selbst das lustige Adagio noch, das einen Besuch unbedingt lohnt. Die Innenarchitektur sieht aus wie ein Fiebertraum des Mittelalters unter den Bedingungen von Las Vegas. Interessant ist die Annahme der Betreiber, dass die anvisierte Ziegruppe mit Erlangung der Zahlungskraft offenbar ihren Geschmack eingebüßt haben muss. Ein Gedanke, den man nicht aus den Augen verlieren sollte.

Dass die Verantwortlichen der neu zu eröffnenden Nobeldisko – von der hier eigentlich die Rede ist – diesen Gedanken nicht teilen, ist insofern offensichtlich, da die geplante Nobeldisko im Metropol unterkommen soll, welches man zuvor gründlich renoviert. Das ist sehr schade. Denn die Inneneinrichtung des Metropol ist, zumindest in meiner Erinnerung, inspiriert vom alten Ägypten und seinen diversen Pharaonen (selbstverständlich als Fiebertraum, wiederum unter den Bedingungen von Las Vegas). Ein Besuch lohnte sich dort unbedingt, weil die Betreiber davon ausgegangen waren, dass jene, die nach Einbruch der Dunkelheit um die Häuser ziehen, nicht nur ihren Geschmack eingebüßt haben müssen, sondern sich dabei zusätzlich noch für fremde Kulturen interessieren. Doch all das – wenn es denn nicht schon längst verschwunden ist – kommt nun weg.

Wie auch immer es dort aussieht, der Star-Architekt Hans Kohlhoff wird inneneinrichtungstechnisch keinen Stein auf dem anderen lassen und einen extra schicken Vergnügungstempel entwerfen. Rund 2.000 Gäste, so las man in einem Bericht der Berliner Zeitung, sollen darin Platz finden. Der Superclub soll Goya heißen und die größte Cocktailbar Europas werden.

Nur leider fehlt noch das Geld. Interessenten können bei der Goya AG Aktien erwerben. Wenn genug Geld in der Kasse ist, beginnen die Bauarbeiten. Doch wird es dazu kommen? Mit der Erhöhung der Kita-Gebühren greift der Senat nun auch den Besserverdienenden in die Tasche. Wohin soll das noch führen?

HARALD PETERS