Gut gestanden

In der ersten Bundesliga besiegte Hannover 96 am Samstag Bayer Leverkusen 1 : 0. Wir haben nicht nur gekämpft, sondern auch ein paar fußballerische Glanzlichter gesetzt, findet Trainer Hecking

Wenn im einen Tor Robert Enke steht und im anderen René Adler, dann gibt es neben dem Spiel Hannover gegen Bayer auch eins ums Tor der Fußball-Nationalelf. „Da ist es schön, dass wir zu Null spielen“, sagte Torschütze Arnold Bruggink, „Robert hält ja schon viele Spiele überragend.“ Enke, 31, suchte nach den Gründen für den Sieg und fand die Mitspieler: „Wir haben den Gegner nicht ins Spiel kommen lassen.“ Adler, 24 Jahre alt, suchte nach Schuldigen für die Niederlage und fand die Mitspieler. Er sprach von „Phlegma“. Dieses „Phänomen gibt es bei Bayer schon länger, wenn es nicht läuft, wehren wir uns nicht.“ Er bilanzierte: „Die Rückrunde läuft bescheiden für uns.“ Bayer-Sportdirektor Rudolf Völler reagierte flugs auf Adler: „Bälle festhalten ist das oberste Gebot. Bälle festhalten. Und vielleicht mal an die eigene Nase fassen.“ Auch die Partie zwischen Enke und Adler ging an Hannover. ROR

VON ROGER REPPLINGER

Fußball-Mannschaften sind auch nicht anders. Wenn’s in einer Familie Schwierigkeiten gibt, eine Wohngemeinschaft Knatsch hat, wenn in einer Abteilung gemobbt wird, im Ortsverein einer Partei der Vorsitzende den Schriftführer doof findet, wenn im Schäferhundverein zwei Herrchen glauben den schönsten Hund zu haben, dann merkt das der Außenstehende am Verhalten.

Fußball-Mannschaften verhalten sich dann so: Die Spieler machen technische Fehler, der Trainer redet Unsinn, die Spieler auch. Sie kicken zögerlich oder zu forsch, sie machen zu viele Fouls und die falschen, sie trauen sich nichts, sie lassen sich hängen, sie haben Pech. So war es auch beim Spiel des 13. der Fußball-Bundesliga, Hannover 96, gegen die stärkste Auswärtsmannschaft der Liga, Bayer Leverkusen, den Fünften. Und 96-Trainer Dieter Hecking steht seit Wochen unter Beschuss der Boulevard- und Lokal-Presse. Eine der beiden Mannschaften spielte, als ob sie bis zum Hals in Problemen steckt. Aber siehe da, es waren Bayer, die zuletzt zu Hause gegen den HSV und nun auch in Hannover mit 0 : 1 (0 : 1) verloren.

Hannover 96 zeigte ein gutes Spiel. „Wir haben in der Woche viel über Organsatschion gesprochen“, erklärte der Däne Leon Andreasen, der nach seinem Wechsel vom FC Fulham und einer roten Karte beim Spiel bei Borussia Mönchengladbach sein erstes Heimspiel für 96 machte, „wir haben überhaupt viel gesprochen in der letzten Woche. Auch über das Spiel nach vorne.“

Andreasen hatte Dreck an der Stirn und ein prima Spiel im defensiven Mittelfeld gemacht. Hanno Balitsch war vielleicht sogar noch einen Tick besser. Andreasen holte sich viele Bälle ohne Zweikämpfe, weil er dort stand, wo die Leverkusener den Ball hinspielten. „Wir sind gut gestanden“, sagte Andreasen, „wir haben gut die Räume zugestellt.“ Leverkusen hatte Probleme mit dem Spielaufbau, „so haben wir dafür gesorgt, dass Leverkusen nicht ins Spiel kam“. Von Stefan Kießling und Patrick Helmes, Leverkusens Sturm-Duo, war nichts zu sehen.

Hecking war mit seinem „Defensiv-Quadrat“ zufrieden: „Die Innenverteidiger und die defensiven Mittelfeldspieler haben es gut gemacht, aber wir haben nicht nur gekämpft und sind viel gelaufen, sondern wir haben auch ein paar fußballerische Glanzlichter gesetzt“. Hecking ersetzte den gesperrten rechten Außenverteidiger Sergio Pinto durch Steven Cherundolo. Zudem spielte Jan Schlaudraff, nach seiner Leisten-Operation für Mikael Forssell im Sturm. Bayer Leverkusens Coach Bruno Labbadia ließ Hans Sarpei als rechten Außenverteidiger für den gesperrten Gonzalo Castro und Lukas Sinkiewicz für den gesperrten Henrique in der Innenverteidigung kicken. „Wir wissen, worum es geht“, sagte Andreasen, „das muss uns keiner sagen. Wir sind immer noch im dem Scheiß da unten, aber wenn man gut steht auf dem Platz, ist alles andere nicht mehr so schwer.“

Arnold Bruggink, der Niederländer, hatte Gras auf der Stirn. Er hatte das entscheidende Tor geschossen, wunderbares Tor: Eckball für Leverkusen, Robert Enke im 96-Tor hat den Ball, wirft ihn zu Jacek Krzynówek, der passt hinaus auf den rechten Flügel zu Schlaudraff, der sich viel bewegt, schnell ist, ausweicht, Leverkusens Verteidiger beschäftigt, der gut mit Jiří Štajner harmoniert, der ein prima Spiel macht. Schlaudraff schaut zum Linienrichter, bin ich im Abseits? Was macht die Fahne? Bleibt unten! Also Flanke nach innen, dort steht Bruggink. Tor in der 33. Minute. „Wir haben gesehen, wenn wir so spielen, dann sind wir erfolgreich“, sagte Bruggink. Am nächsten Samstag geht es in München gegen die Bayern. „Ich sag jetzt nicht, dass wir da gewinnen, aber man weiß nie“, sagte Andreasen.

In Hannover spielten am Samstag zwei Mannschaften, die eine hat ein Problem, der anderen wurde versucht, eines einzureden.