Für mehr ödnis am Skoda-check-in

Der braunschweiger flughafen soll mit 34 millionen euro ausgebaut werden. Die bürgerinitiativen erzählen vom wald und von firmen, die nicht kommen wollen - und von der bedrohten ruhe von gut 20.000 airport-anrainern

Aus Braunschweig Kai Schöneberg

„Hallo Braunschweig, willkommen welt!“ ist sein slogan, aber nicht nur wegen der werksferien bei VW herrschte gestern ödnis am „Skoda-check-in“ am Braunschweiger Flughafen. Kein Manager weit und breit, fast noch seltener hoppelt ein sportflieger über die piste. Seitdem Bernd Pischetsrieder das ruder bei Europas größtem autobauer übernommen hat, nutzen die bosse die zwei VW-airbusse vom typ a 319, die auf den Cayman-Inseln registriert sind, kaum noch zum jetten nach Prag oder Ingolstadt. „Der chef zieht nur noch mit kleinem tross los“, kommentiert Peter Böttcher. Aber nicht nur deshalb ist der diplom-holzwirt gegen die geplante erweiterung. Er und die anderen nicht minder aufgeregten von den bürgerinitiativen aus den dörfchen Waggum und Hondelage erzählen vielmehr von den 100 hektar 225 jahre altem eichenwald, die gefällt werden müssten, vom knappen geld der steuerzahler, den vielen ungereimtheiten, der gutsherrenpolitik - und von der noch stärker bedrohten ruhe der gut 20.000 anwohner des airports, der seit seiner gründung vor fast 70 Jahren die provinzialität Braunschweigs ganz gut verkörperte.

„Wenn die Falcons fliegen, können sich die Bienroder heute schon nicht mehr zu hause unterhalten“, sagt Böttcher. Bald könnte es noch lauter werden. Für 34 millionen euro soll der forschungs- und regionalflughafen bis zum jahr 2008 auf vordermann gebracht werden. Die verlängerung der start- und landebahn um bis zu 1.000 Meter ist neben dem tiefwasserhafen in Wilhelmshaven das große infrastruktur-projekt der niedersächsischen landesregierung. Deshalb soll sich die zahl der derzeit jährlich 64.000 fluggäste bis 2015 fast verdoppeln, vor allem aber soll die neue piste jobs im tausenderbereich anziehen.

Der stadtrat habe das projekt durchgewunken, ohne die flughafen-vorlage überhaupt zu kennen, ralf beyer von der bi waggum erzählt, er sei sogar von ratsmitgliedern bedroht worden. „Der casus knaxus aber ist doch, dass wir gar nicht gegen den forschungsflughafen sind“, betont der Diplom-Ingenieur, der selbst 37 jahre beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gearbeitet hat, das den airport mit seinen dorniers anfliegt.

Derzeit soll es 1.600 „flughafenaffine“ jobs in 40 firmen geben - unter anderem das Luftfahrt-Bundesamt und institute der TU. „Dazu zählen die aber auch einen landkartenverlag, den motorsportclub der polizei und das übungsgelände vom Adac. Nur drei, vier Firmen brauchen die längere piste wirklich“, empört sich Beyer. Noch habe „niemand gesagt, er schaffe auch nur zehn Arbeitsplätze mehr“. Einer der „anwärter“, die „Ingenieurgesellschaft Auto und Verkehr“, habe sich jüngst im flughafenfreien Gifhorn angesiedelt. Horst Teltschik, Ex-Berater von Helmut Kohl und heute Deutschland-Chef von Boeing, hat ihm geschrieben, noch wäre es „mehr als verfrüht, über die von Ihnen aufgeworfenen Themen zu sprechen“. Sprich: Boeing will sich auch nicht in Braunschweig ansiedeln. Beyer wurde gesagt, hier „sollten auch forscher aus China landen können“. BI-Kollege Böttcher meint dazu nur: „Das ist doch der hohn“. Der flughafen Hannover liegt 61 Kilometer entfernt.

“Flughafen-ausbau auf der kippe“, meldete gestern die Braunschweiger Zeitung - und die bi-leute frohlockten. Das land wolle sich nicht an seine zusage halten, über die im raum stehenden 14 millionen euro zuschüsse von land, bund und niedersachsen hinaus weitere millionen locker zu machen. „Die aussage, dass die finanzierung ungeklärt ist, heißt nicht, dass wir das projekt gefährdet sehen“, meint dazu der sprecher des wirtschaftsministerium, Andreas Beuge. Offenbar wird hinter den kulissen zwischen den anteilseignern land, VW und den städten Wolfsburg und Braunschweig gerade mächtig um die ausstehenden mittel gerungen. Etwa 7 millionen sind noch umstritten. Sprecher Beuge aber betont: „Das ziel ist der ausbau“.

Etwas neidisch schaut Uta Ernst auf die 260.000 bürger-einwendungen gegen die planfeststellung am neuen Berliner flughafen. „Aber schon beim raumordnungsverfahren gab es 1.000 einsprüche aus Hondelage“, betont Ernst. Und: „Das ist für 4.000 einwohner auch nicht schlecht“.