Mit reichtum ist es wie mit dem mist

betr.: „Montag ist Hartztag“, taz vom 10. 8. 04

Was führt ausgerechnet bürgerrechtler an die seite der regierenden? Vielleicht der selbstverliebte bürgerblick, der sich immer zu fein ist für radiklale demokratie und lieber auf denkmalspflege setzt? Warum ist es missbrauch, wenn jetzt auf demokratische weise die legitimation von solchen politikerinnen und politkern in frage gestellt wird, die handlanger einer anderen diktatur sind, nämlich der diktatur des geldes? Es gibt nicht zu wenig geld, sondern nur zu viel geld für die falschen dinge: milliarden für börsenverluste, milliarden für die beteiligung an kriegen, sei es für indirekte oder direkte bundeswehrbeteiligung, milliarden für die umweltverbrecherische atomenergie samt forschung, statt geld zu sparen durch ausreichend dezentrale, erneuerbare energieversorgung und energiesparprogramme. Milliarden für prestige- und eventbauten etc. Das geld gehört woanders hin.

[…] Es ist vor dem gesellschaftspolitischen hintergrund mehr als heuchlerisch, den menschen in den montagsdemonstrationen „missbrauch“ historischen andenkens vorzuwerfen. Missbrauch gibt es nur bei denen, welche die macht missbrauchen, um menschen in jeder hinsicht in die untertanen-enge zu treiben. Das anwachsen der montagsdemonstrationen macht den machthabenden angst, ihre macht zu verlieren […] ILONA JOERDEN, Göhrde

Es ist einfach unglaublich, wie mit den menschen in Deutschland umgegangen wird. Jetzt werden wir auch noch beschimpft, wenn wir „montagsdemonstrieren“. […] 30 jahre habe ich meine erststimme bei bundestagswahlen der SPD gegeben, 2002 mit großen bauchschmerzen, 2006 bestimmt nicht mehr und mit mir viele andere. […] ULRICH HELLFRITZ, Lüneburg

Im jahre 2003 gab es in Deutschland viereinhalb millionen erwerbslose, jedenfalls offiziell. Inoffiziell gehen experten von etwa sieben millionen menschen aus, die mehr schlecht als recht von staats wegen alimentiert werden müssen. Soziale gerechtigkeit in Deutschland: 3.700 superreiche verfügen über 612 milliarden Euro. Zwischen 1996 und 1999 ist die zahl der reichen mit mehr als einer million Euro um jährlich 5,3 prozent auf insgesamt 365.000 gestiegen. Ihr gesamtes vermögen beläuft sich etwa auf 2.000 milliarden Euro.

Mit dem reichtum im lande ist es wie mit dem mist, auf einem haufen stinkt er, gut verteilt jedoch wäre er der beste dünger für unsere konjunktur. Der ehemalige Mannesmann-manager Esser darf die 15 millionen Euro „prämie“ für den verkauf der firma an Vodafone ungestraft behalten. Nun muss er das geld versteuern. Lag der spitzensteuersatz früher noch bei 53 prozent, so liegt er heute bei nur noch 45. […]

Durch die zusammenlegung von arbeitslosen- und sozialhilfe auf sozialhilfeniveau wird sich die zahl der kinder, die von sozialhilfe leben, auf 1,5 millionen erhöhen. Man kann die gegebene lastenverteilung nicht mehr als demokratisch legitimiert betrachten. Wenn millionen kinder im land unter der armutsgrenze leben müssen, so ist das in anbetracht des aufgezeigten reichtums strukturelle gewalt, die vom kapital ausgeht. HELMUT MEER, Goslar

betr.: „Aufschlussreiche aufregung“, taz vom 4. 8. 04

Das mit den sparbüchern, auch wenn es fies klingt, leuchtet ja noch ein: Es könnten ja arbeitslose ihr vermögen auf die sparbücher ihrer Kinder verteilen. Aber dass auch ausbildungssparverträge aufzulösen sind, das erscheint mir als der wahre skandal. Seit Pisa wissen wir, dass in Deutschland die herkunft eines kindes über seinen bildungsweg entscheidet. Zusammen mit der abschaffung der lernmittelfreiheit (vorschlag frau Schavans) und der einführung von studiengebühren wird diese maßnahme dafür sorgen, dass das auch so bleibt. Und das unter der sozialdemokratischen regierung des putzfrauensohnes Schröder! CHRISTIANE RATTINGER, Offenburg

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