Erneut probleme mit neigetechnik-zügen

Bei einer bahn der serie VT 612 wurde ein riss in der achse festgestellt. Jetzt kommen auch die meisten anderen in die werkstatt. Das sorgt für verspätungen im regionalverkehr. Doch der fahrgastverband pro bahn bleibt zunächst einmal gelassen

Der hersteller hofft, dass es sich um ein individuelles problem handelt

VON STEPHAN KOSCH

Der Deutschen Bahn AG droht erneut ärger mit ihren neigetechnikzügen. Bei einem fahrzeug der im regionalverkehr eingesetzten dieselzüge des modells VT 612 sei ein anriss in der achse festgestellt worden, teilte die Bahn AG mit. Vorsorglich werden nun 167 fahrzeuge dieser baureihe zu untersuchungen in die werke gerufen.

Deshalb stehen vorübergehend nur 25 erst kürzlich überprüfte fahrzeuge zur verfügung. In diesen bleibt aber zunächst auch die neigetechnik ausgeschaltet, um die achsen zu entlasten. Das alles führt zu verspätungen und zugausfällen im regionalverkehr. Gestern hielten sich die verzögerungen nach angaben des unternehmens noch im rahmen. Aus Bayern wurden am vormittag verspätungen von bis zu 20 minuten gemeldet. In Sachsen mussten fahrgäste auf den bus umsteigen. Betroffen waren außerdem strecken in Thüringen, Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz.

Die bis zu 160 stundenkilomter schnellen züge der baureihe VT 612 des herstellers Bombardier sind ab 2000 in betrieb gegangen und hätten bislang keine probleme gemacht, sagte eine bahn-sprecherin der taz. Die neigetechnik der vorgängermodelle 611, die seit 1996 eingesetzt wurden, war hingegen technisch sehr anfällig und hatte für chaos im regionalverkehr gesorgt. Das pendeln der züge in den kurven soll eine höhere zuggeschwindigkeit in den kurven ermöglichen.

Noch ist nicht klar, ob es sich bei dem schaden um ein einzelnes problem oder einen mangel in der gesamten serie handelt. Sollte letzteres der fall sein, dürften auf die bahnindustrie erneut schadenersatzforderungen zukommen. Dies sei aber noch kein thema, sagte die sprecherin. Zunächst müsse die ursache genauer bestimmt werden.

Dazu hat die bahn gemeinsam mit dem hersteller und dem zulieferer eine arbeitsgruppe eingerichtet. Bombardier hofft nach eigenen angaben darauf, dass es sich um ein individuelles problem handelt, wollte aber gestern auch noch keine genauere stellungnahme abgeben.

Für die aktuelle untersuchung aller züge der baureihe veranschlagt die bahn zehn arbeitstage. Zudem werden die radwellen nun alle 60.000 kilometer per ultraschall überprüft statt wie bisher alle 480.000 kilometer.

Mit der neigetechnik an sich gebe es aber keine probleme mehr, sagte die sprecherin. Sowohl die VT 612 als auch die mit der neigetechnik ausgestatteten ICE-modelle liefen mittlerweile „sehr solide“.

Der fahrgastverband pro bahn bewertet die maßnahme als „möglicherweise etwas überzogen“, im prinzip aber gerechtfertigt.

Es sei positiv, dass die Bahn AG die sicherheitsfrage sehr hoch bewerte und vorsichtig agiere, sagte verbandssprecher Hartmut Buyken der taz. Die nachteile müssten daher in kauf genommen werden.

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