„Sprachförderung ist ein Ziel“

Sven Walter vom Institut für kreative Sprachförderung setzt weiterhin auf Kitas

taz: Herr Walter, bleiben Kitas trotz höherer Gebühren als Bildungseinrichtungen attraktiv, wie Schulsenator Klaus Böger glaubt?

Sven Walter: Vor allem Eltern nicht deutscher Herkunftssprache ist es wichtig, dass ihre Kinder bis zur Einschulung die deutsche Sprache gut beherrschen. Das ist ein starker Antrieb, Kinder in eine Kita zu schicken, auch bei relativ hohen Kita-Gebühren. Es wäre natürlich fatal, wenn Kindern die Chance, die deutsche Sprache im Alltag mit anderen Kindern zu erlernen, aus Kostengründen verwehrt wird.

Um die Qualität von Kitas zu steigern, liegt seit Juni ein Entwurf für ein Bildungsprogramm vor. Hält er, was sich die Politik davon verspricht?

Er hält vieles von dem, was er verspricht, aber nicht genug. Zwar bietet er eine Menge wichtiger Beschreibungen von Bildungsaufgaben, richtiger Lernziele für Kinder und praktischer Anregungen für die Arbeit, er bleibt aber auf weiten Strecken zu allgemein.

Um welche Bereiche handelt es sich?

Der Bereich der Sprachförderung zum Beispiel. Das aus unserer Sicht unverzichtbare Bildungsziel, alle Kinder bis zur Einschulung in der deutschen Sprache so weit zu fördern, dass sie dem Unterricht vom ersten Tag an inhaltlich folgen und sich auch aktiv beteiligen können, wird nirgends deutlich formuliert.

Angeregt werden Gespräche mit Kindern oder das Vorlesen von Geschichten. Das reicht nicht?

Das sind Bausteine auf dem richtigen Weg. ErzieherInnen praktizieren dies auch schon lange. Man muss aber auch klar definieren, was das Ziel dieser Sprachförderung sein soll, und Lernerfolge überprüfen.

Welche Verbesserungen regen Sie an?

Zurzeit wird auch ein Entwurf für ein Konzept zur Sprachförderung diskutiert, der sehr viel konkreter und konstruktiver ist. Er benennt einzelne Schritte der Umsetzung und Dokumentation der Lernerfolge, weist Aufgaben klar zu und steckt Ziele, die regelmäßig überprüft werden. Qualitätskontrolle ist ein entscheidender Aspekt, der im Bildungsprogramm nicht berücksichtigt ist.

Sind ErzieherInnen denn ausreichend qualifiziert, um das Programm umzusetzen?

Bis jetzt hat die Ausbildung die gestiegenen Anforderungen nicht berücksichtigt. Notwendig sind nicht nur eine grundlegende Änderung der Ausbildung, sondern auch Weiterqualifikation und Fortbildung.

Bräuchte man mehr Personal?

Um Sprache intensiv und gut fördern zu können, wäre eine deutliche Aufstockung des Personals notwendig. Man sollte in Kleingruppen von fünf bis sechs Kindern arbeiten. Dies ist mit dem bisherigen ErzieherInnenschlüssel aber kaum verlässlich zu machen.

Kann man sich Unterstützung von Schulen erhoffen? Der vorschulische Bereich soll ja in Kitas ausgelagert werden.

Im Bildungsprogramm finden sich keine Vorschläge, wie dieser Übergang von den Kitas und Schulen unterstützt werden kann. In diesem Bereich sollte dringend eine Verbesserung beziehungsweise eine konkrete Ausgestaltung der Kooperation zwischen Grundschulen und Kitas auf den Weg gebracht werden.

Wie könnte die aussehen?

Sprachförderung muss sinnvollerweise abgestimmt werden. Zum Beispiel in der Form, dass ErzieherInnen und LehrerInnen gegenseitig hospitieren. Dadurch bekommen LehrerInnen einen besseren Eindruck davon, welchen Stand die sprachlichen Fähigkeiten der Kinder haben, mit denen sie arbeiten werden. Umgekehrt wird ErzieherInnen deutlicher, was von den Kindern in der Schule sprachlich erwartet wird. INTERVIEW: SUSANNE LANG