Jürgen Rüttgers goes Downtown

Arbeitskreis unter Führung von CDU-Landeschef Jürgen Rüttgers soll den Christdemokraten neues Image verpassen. JU-Vorsitzender Mißfelder sieht „schwere Defizite“ der Partei in den Großstädten

VON MARTIN TEIGELER

Die CDU in Nordrhein-Westfalen will der Bundespartei zu Großstadtflair verhelfen. Um das Image von der schwarzen Bauern- und Kleinbürgerpartei abzustreifen, soll auf dem Düsseldorfer Bundesparteitag im Dezember ein Metropolen-Programm für die Union verabschiedet werden. Wenige Monate vor der NRW-Landtagswahl im Mai 2005 soll sich die konservative Volkspartei nach Vorstellung des CDU-NRW-Vorsitzenden Jürgen Rüttgers (Pulheim) als Großstadtpartei präsentieren.

„Die Wirklichkeit, die Kultur und das Lebensgefühl in den großen Städten dürfen der CDU nicht suspekt sein“, sagt Rüttgers. Wo es Entfremdungen gebe, müsse neues Vertrauen gewonnen werden, so der Ministerpräsidenten-Kandidat. Die „Entfremdungen“ spürte die CDU zuletzt bei der Europawahl. In fast allen NRW-Großstädten verlor die Union deutlich an Zustimmung. Von Aachen bis Bielefeld sackte die CDU um vier bis acht Prozent ab – trotz des gleichzeitigen Einbruchs der Sozialdemokratie. Stabil und erfolgreich blieben die Unionschristen dagegen auf dem platten Land – in den weiten Ebenen des Münsterlandes und Ostwestfalens.

„Wir haben große Defizite und strukturelle Probleme in den Großstädten“, so Philipp Mißfelder, Bundesvorsitzender der Jungen Union (JU), zur taz. Der Christdemokrat aus Bochum ist Mitglied des von Rüttgers geleiteten CDU-Arbeitskreises „Große Städte“. Seit zwei Jahren beratschlagen Wissenschaftler und CDU-Kommunalpolitiker wie der Gelsenkirchener Oberbürgermeister Oliver Wittke in dem Gremium über neue Ideen.

Es gibt in der CDU ein Gefälle von Stadt und Land, sagt Mißfelder. „Großstädtische Wähler müssen wir mit anderen Themen ansprechen, etwa dem Verbraucherschutz“, so der JU-Vorsitzende. Viele, die bei diesem Thema sensibilisiert seien, wählten die Grünen. „Dass diese Wähler bei uns besser aufgehoben wären, müssen wir gerade in den Städten deutlicher machen“, sagt Mißfelder.

Betonung der Umwelt- und Verbraucherpolitik, liberalere Positionen in der Gesellschaftspolitik (vor allem bei gleichgeschlechtlichen Partnerschaften) und mehr Beteiligungsmöglichkeiten in der Parteiarbeit – so könnten die Vorschläge des Rüttgers-Arbeitskreises für den Düsseldorfer Parteitag aussehen.

Als Vordenker des Rüttgers-Arbeitskreises gilt der Bremer Historiker Paul Nolte. Doch was der Wissenschaftler für den Arbeitskreis zu Papier brachte, klingt wie eine Warnung an den laut Umfragen unpopulären NRW-Spitzenkandidaten Rüttgers: „Die CDU benötigt Personen, die ein solches Programm überzeugend verkörpern können: sowohl im Hinblick auf eine urbane, liberale Bürgerlichkeit als auch im Hinblick auf soziales Engagement.“