Jukebox

Regel bricht: Deutsch lernen mit Deutscher

Also, vamos conduciendo por la autopista, wie der Kraftwerk-Hit „Autobahn“ auf Spanisch klingen könnte. Fahr’n, fahr’n. Weiße Streifen, grüner Rand. Die Trümmer der Rechtschreibreformdebatte hinter der Böschung beachten wir einfach nicht. Nur ein Sommerlochthema. Gibt für die populäre Musik nichts her. In dem Rechen bleibt höchstens Hass hängen, die Punkband, die sich vorbildlich nach neuer Regel schrieb, die es zu ihrer Zeit noch gar nicht gab (ihr Klassiker: „Hass allein genügt nicht mehr“). Aber da hinten im Tal steht ein mächtiger Monolith. Genau: „Marmor, Stein und Eisen bricht“. Was von Drafi Deutscher derart nachdrücklich gesungen wurde, dass man die Aussage impulsiv als wahr anerkennen möchte und meinen könnte, dass auch grammatikalisch alles mit rechten Dingen zugeht. Tut es aber nicht. Brechen muss es heißen (mehr dazu unter www.interlektor.de/test1.html).

Was in der Binnenperspektive kaum von Bedeutung sein mag. Weil, hier können doch alle richtig Deutsch. Aber nun ist dieser Titel halt einer der ganz wenigen wirklichen Welthits in Deutsch. „Marmor, Stein und Eisen bricht“ wird selbst in irgendwelchen rumänischen Dörfern bei Hochzeiten geschmettert, wie mir ein Kollege versicherte, dass man sich doch überlegen müsste, ob sich die deutsche Grammatik und das deutsche Liedgut nicht einander annähern sollten. Zur Vermeidung von Verwirrung beim Deutscherlernen. Was nur heißen kann, dass die Grammatik mal nachzugeben lernen muss.

Aber ist ja überhaupt seltsam, was die da draußen von uns hören wollen. Rammstein zum Beispiel. Weil man der Meinung ist, dass genau so ein ordentlicher Teutonentrupp mit der musikalischen Pickelhaube zu klingen hat. Wo doch alle Gemeinschaftskundelehrer es so gern hätten, dass die Welt da draußen lieber Wir sind Helden mit ihren prima Texten hört.

Aber zu viel deutsche Worte dürfen nicht passieren, wenn ein deutsches Lied rumkommen will. Klappte bei Kraftwerk, bei „Da da da“ von Trio. Komischerweise auch mit dem einäugigen Huhn unter den Perlen (oder so), Nenas „99 Luftballons“. Englischsprachige Songs von deutschen Bands hört man im Ausland übrigens nicht, hat man selbst schon genug von. Nur manche noch was von Modern Talking.

Aber das kann nicht wirklich der Grund sein, wieso Bands hierzulande immer noch über den Sex in Englisch singen wollen. Wahrscheinlich ist es einfach die fehlende Traute. Deutsche Bands haben nicht den Mumm, mal alle Regeln zu brechen. Wie es Drafi machte. THOMAS MAUCH