Grünes Sozialticket

Um den Berliner Verkehr geht es den Grünen auf ihrer Klausurtagung. Kritik am Stadtentwicklungsplan

Ein wieder einzuführendes Sozialticket für Bus und Bahn soll nicht mehr als 20 Euro kosten dürfen. Diese Forderung hat gestern die Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus erhoben. Zum Auftakt ihrer Klausurtagung im brandenburgischen Linow distanzierten sich die Grünen-Abgeordneten damit deutlich von Vorstellungen der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) und der Regierungskoalition aus SPD und PDS. Deren Verkehrspolitiker lehnen zwar Berechnungen ab, wonach ein Sozialticket um die 40 Euro kosten soll. Statt von 20 Euro gehen sie aber von einem Preis zwischen 30 und 40 Euro aus.

Das zuvor 20,40 Euro teure Sozialticket war zu Jahresbeginn weggefallen, nachdem der Senat einen jährlichen Zuschuss von 17 Millionen Euro gestrichen hatte. Auf massiven öffentlichen Druck hin kündigten SPD und PDS eine Wiedereinführung an. Die neue verkehrspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Claudia Hämmerling, kritisierte zudem massiv den vom Senat vorgelegten Stadtentwicklungsplan Verkehr. „Das ist ein beliebiges Sammelsurium verkehrspolitischer Ziele“, moniert Hämmerling, die in ihrer Sprecherfunktion dem frisch gewählten Europaabgeordneten Michael Cramer folgt. „Da durfte sich jeder etwas wünschen, von Radwegeplaner bis zu Straßenbauern.“ Rückendeckung erhielt sie von Lutz Beckmann, Professor an der Technischen Fachhochschule: Keine Spur von Prioritätensetzung, urteilte der.

Die Klausurtagenden hatten sich Beckmann sowie den Verkehrsexperten des Wissenschaftszentrums Berlin (WZB), Andreas Knie, als Fachmann eingeladen. Knie sprach sich dabei für weniger staatliche Einflussnahme auf die Planung bei Bus und Bahn aus. Er setzte auf die ordnende Kraft der Wirtschaft – und stieß damit auf wenig Gegenliebe in der Fraktion, die um die Versorgung von Älteren und sozial Schwachen fürchtete.

Ein von Hämmerling vorgestelltes Mobilitätskonzept spricht sich wenig überraschend dafür aus, mehr Verkehr auf die Schiene zu verlagern. Dem verbleibenden Wirtschaftsverkehr auf der Straße aber will sie eine Sonderstellung gegenüber Pkws einräumen: Lastwagen sollen etwa auf der Stadtautobahn eine „Wirtschaftsspur“ erhalten. „Man muss unterscheiden zwischen dem, der nur seine Aktentasche im Auto hin- und herfährt, und dem, der die Stadt mit Milch versorgt“, fordert sie.

Die Grünen fordern zudem eine Verdopplung der heutigen Parkgebühren. „Dort, wo es jetzt 2 Euro kostet, kann man ruhig 4 nehmen“, meint Hämmerling. Im Senat macht derzeit ein Entwurf die Runde, nach dem die Bezirke nach eigenem Ermessen bis zu 3 Euro Parkgebühren nehmen dürften. STEFAN ALBERTI