Altes Streitross

Was ist nur mit Oskar los? (III): Nichts Besonderes. Lafontaine will nur in seinen Beruf zurückkehren

„Sind denn überall hier in den Kellern Herren im Ruhestand?“, fragt Loriot in „Papa ante portas“, als seine Frau ihm unten einen Hobbyraum zuweisen will. Der Film zeigt, dass jüngere Frau, Sohn, Haus, gesicherter Wohlstand und Freizeit im Übermaß nicht helfen, wenn ein Mann vor der Zeit den Beruf verliert. So geht es auch dem 60-jährigen Oskar Lafontaine. Er bekämpft vor allem den vorzeitigen Ruhestand, in den er sich 1999 selbst versetzt hat.

Sicher, er will sich auch an Gerhard Schröder rächen und arbeitet in Talk-Shows, Kolumnen und Büchern emsig am Lafontaine-Label. Doch Sucht nach öffentlicher Anerkennung, Eitelkeit, Empfindlichkeit und das Elefantengedächtnis für Kränkungen teilt der Saarländer mit dem aktiven politischen Spitzenpersonal. Diese Charakterzüge zeigen nur, dass er von der Politik nicht lassen kann.

Zudem spielt der gelernte Physiker zu Recht den Besserwisser. Unter den Sozialdemokraten, die Parteipatriarch Brandt einst seine Enkel nannte, war Lafontaine das größte Talent. Als der niedersächsische SPD-Oppositionsführer Schröder noch vor Kameras ins Stottern geriet, war dessen „mein Freund Oskar“ längst Medienstar. Er hatte Recht, als er 1990 die desaströsen ökonomischen Folgen der deutsch-deutschen Währungsunion beschrieb – und scheiterte gerade deswegen als SPD-Kanzlerkandidat.

Der Rechtsanwalt Schröder meint bis heute, man müsse die Forderungen der Interessenvertreter der Wirtschaft erfüllen, damit diese wieder in Schwung kommt. Seine Agenda 2010 ist beim BDI abgeschrieben. Lafontaine beharrt auf ökonomischen Gesetzmäßigkeiten, darauf, dass Umverteilung nach oben, Senkung der Massenkaufkraft, die Konjunktur nur abwürgt.

Die deutschen Wirtschaftsdaten bestätigen seine Überzeugung, dass er es besser könnte. Immer wenn in Berlin Mist gebaut wird, scharrt er in seiner Saarländer Box mit den Hufen wie ein altes Kavalleriepferd, das von fern das Hornsignal hört. Die Bestrebungen, eine neue Linkspartei zu gründen, bieten ihm nun Gelegenheit, den Rückkehrdrohungen auch Taten folgen zu lassen. Eine populäre Galionsfigur kann aus der Stimmung für die „Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit“ einen Stimmenanteil bei Wahlen von mehr als 5 Prozent machen. Dafür müsste der Genussmensch Lafontaine aber noch einmal Wahlkampfstrapazen auf sich nehmen und auch den angenehmen Seiten des Vorruhestands entsagen.

JÜRGEN VOGES