Im Sommertheater nix Wichtigeres?

betr.: „Nachfolgende Generationen gerettet! ‚Bild‘ und ‚Spiegel‘ ab sofort in alter Rechtschreibung“ u. a., taz vom 7. 8. 04

der kommentar von daniel bax zur rechtschreibreform suggeriert, die neue rechtschreibung sei tatsächlich reform gewesen – anstatt blanker käs (sag ich als redakteur, korrektor und texter). der hinweis auf einen männerbund greift zu kurz. die mehrheit der leut sind für die alte fibel, von suhrkämpern, schriftstellern, intellektuellen, kulturfabrizierenden, lehrern und einer menge mitdenkender schüler ist das auch zu konstatieren. – das bündische in staatlicher rechtschreibkommission und kultusministerbürokratie hätte ich lieber dargestellt bekommen.– und überhaupt: endlich macht die sache etwas spaß, wir können zusehen, wie viel lärm zu nichts wird. und die sprache: ist immer ein lebendiges ver-sprechen.

V. HUGO, Frankfurt am Main

Mensch taz, jetzt nimm doch mal die ideologisch verschmierte Brille ab und sieh mal abseits von immerbösen Machos, Männerfreunden und Machtgeiern die Fakten: Es geht um die deutsche Schriftsprache. Aber weil ja alles, was mit Deutsch und Schrift zu tun hat, nach strammem Konservativenstiefel stinkt, will die taz es lieber weiterhin falsch machen – bloß nicht mit den Konsis unter eine Decke. Apropos: Die Leidtragenden sind vor allem die gebildeten Leser, nicht die Schüler. DIRK MERKS, Berlin

Als bald in den Ruhestand wechselnder Biologielehrer habe ich sowieso seit Jahren nicht mehr „Blattstengel“ geschrieben, weil ich es jetzt mit ä schreiben müsste. Stiel tut es auch. Aber was, wenn mir die Worte ausgehen? Warum soll ich Bus mit einem s schreiben und Fluss mit zwei, wo es doch gleich ausgesprochen wird? Und dann sind da noch die Schweizer, die Busse schreiben und damit Buße meinen! Es ist doch ganz einfach so: Wer die alte Rechtschreibung nicht kann, kann auch die neue nicht. Und die neue strotzt nur so von etymologischen Fehlableitungen und erzwingt eine erhebliche Verarmung der Ausdrucksvielfalt. […] THOMAS KAHLIX, Köln

Vielen Dank für die Beibehaltung der Rechtschreibreform. Ich bin gerade dabei, Zeitungen abzubestellen, die zurück in die Vergangenheit wollen. ARMIN BUTTERER, Bruchsal

Offenbar gibt es im Sommertheater nix Wichtigeres! Ich finde, es ist völlig inakzeptabel, dass einige Verlage glauben, sie retten Deutschland, wenn sie zur alten Rechtschreibung zurückkehren. Auch der DJV sollte sich nicht entblöden, zu behaupten, die neue Rechtschreibung ließe sich nun nicht mehr aufrechterhalten. Bereits in der Vergangenheit hat sich schon – oft ganz massiv – die Schreibung einzelner Wörter verändert, und es schadet heutzutage niemandem, der dennoch alte Texte lesen muss. […]

HELGA VETTERLE, Aschaffenburg

Spiegel und Springer gemeinsam bei einer Rolle rückwärts. Lachhaft.

GEORG PASSEN, Essen

Mensch, Leute, habt ihr den nichts Wichtigeres/wichtigeres zu tun? Jede/r Deutsche kann doch privat schreiben wie er/sie möchte! Kein/e Lehrer/in korrigiert hier mit roter Tinte! Kein Mensch wird bestraft, wenn er Rechtschreibfehler macht! […] Die Rechtschreibleistung hat auch überhaupt nichts mit Intelligenz zu tun! Nur bei uns in Deutschland wird seit Jahrzehnten ein viel zu großes Gewicht drarauf gelegt. Seien wir doch mal ehrlich: Wo wird denn im privaten Bereich des Normalbürgers überhaupt noch geschrieben? Einkaufszettel, Postkarte (wirklich?) …?

Halten wir es mit Max Goldt: „Ich stehe fest zu meiner Überzeugung, dass es eine erstrangige charakterliche Widerwärtigkeit ist, sich über anderer Leute Rechtschreibfehler lustig zu machen. (…) Rechtschreibung ist eine hübsche Sache für Leute, die Spaß an ihr haben. Verstöße gegen ihre Regeln, sofern sie nicht zu Missverständnissen führen, sind nicht zu kommentieren. Alles andere ist bildungsbürgerliche Arroganz.“ JÜRGEN STAHLBOCK, Bleckede

Ich war schon drauf und dran, euch zu bitten, nicht bei diesem Blödsinn von Springer & Co. mitzumachen. Es wäre doch schade, wenn sich wegen ein paar verkalkter Bosse Millionen von Kindern wieder mit der alten (und erwiesenermaßen schwierigeren) Schreibweise rumschlagen müssten – wenn auch die neuen Regeln (noch) nicht durch und durch logisch sind. […] DANIEL TAMM, Schwandorf

Ich möchte keine neu verfassten Texte mehr lesen, die den alten Regeln folgen. Und vor allem möchte ich nicht, dass Zeitungsverlage vorschreiben, welche Regeln gelten sollen. […]

KLAUS EUTENEUER, Mainz

Dass jetzt, nachdem Zigmillionen Mark, Schilling, Franken und Euro für neue Schulbücher, Weiterbildung von Lehrkräften, Beamten usw. ausgegeben wurden und man sich bereits an die neuen Regeln gewöhnt hat, wieder zur alten Rechtschreibung zurückgekehrt werden soll, ist schlicht hirnrissig. Der Rest der Deutsch sprechenden Welt versteht nun, weshalb es mit Deutschland immer mehr bergab geht. Sogar die so genannten Intellektuellen sind zu dumm, einige simple neue Regeln zu lernen und korrekt anzuwenden. Reformstau allenthalben, sogar bei der Rechtschreibung.

RENATO CACCIA, Zürich, Schweiz

ich habe heute aus den nachrichten erfahren, dass springer und evtl. burda zur alten rechtschreibung zurückkehren wollen und sich der niedersächsische ministerpräsident freut, für sein bestreben eine derartige unterstützung zu erhalten. könntet ihr nicht noch einen schritt weitergehen und die rückkehr zur altdeutschen schrift fordern, möglicherweise durch gestaltung einer kompletten seite in dieser schriftform? klaus titze, bad pyrmont

Ein ironischer Tipp in Richtung Springer, Spiegel und FAZ: Konsequenterweise sollten die Abonnenten die Zeitungen und Zeitschriften in D-Mark berechnet und mit vierstelligen Postleitzahlen zugestellt bekommen. MIRKO MÜLLER, Krefeld

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