: Einmal im Jahr
FC St. Pauli siegt mit 5:0 im Regionalliga-Derby bei Holstein Kiel. Unverdient klares Ergebnis beim Heimspiel im Holsteinstadion
aus KielFOLKE HAVEKOST
Die Kieler Tourismusbehörde wird's freuen: Die Identifikation einiger Bewohner mit ihrer Stadt reicht über die mit dem Vorzeige-Fußballclub hinaus. „Wir sind Kieler – und ihr nicht“, gaben die Anhänger ihrer Mannschaft mit auf den Weg, als diese nach der 0:5-Pleite gegen den FC St. Pauli in die Kabinen trottete. Das hätte das erboste Häuflein am Samstag im Holsteinstadion allerdings fast überall hinschreien können: Von den 9.000 Zuschauern hielt nur jeder dritte zu den Kielern. „Ich habe im eigenen Stadion auch schon richtige Heimspiele erlebt“, resümierte Holsteins Vereinschef Sven Jacob. Der mäßige Start – vier Punkte aus fünf Spielen – hat in der schleswig-holsteinischen Metropole Spuren hinterlassen.
Dabei sollte in dieser Saison eigentlich vieles anders werden. Mit einer guten Rückserie hatten sich die Störche im Vorjahr von den Abstiegsrängen entfernt, nun soll es eine Spielzeit werden, in der „wir nicht dauernd beten müssen, wie die anderen gespielt haben“, wie es Trainer Hans Werner Moors formuliert. Das Mindeste, damit sich der Deutsche Meister von 1912 im Schatten des Zweitliga-Landesrivalen VfB Lübeck behaupten kann.
Das 0:5 im Nordderby ist da ein empfindlicher Rückschlag. „Gegen solche Fehler lässt sich nicht anspielen“, bilanzierte Moors nach dem Debakel und meinte damit vor allem Alexej Spasskov. Nach gutem Beginn der Kieler – Wojcik (6.) beförderte eine Hereingabe von Ilski knapp neben das Gehäuse – übernahm Spasskov das Toreschießen für die Gäste, als er einen Schuss von Festus Agu ins eigene Netz schob. „Aus meiner Sicht war kein St. Paulianer in der Nähe“, schüttelte Coach Moors den Kopf, „ob man den Ball dann so hektisch bearbeiten muss, weiß ich nicht.“ Beim 0:2 ließ sich Spasskov den Ball von Agu abnehmen, der Hüseyin Dogan ausspielte und Audencio Musci (53.) das Spielgerät zum Einlochen auf dem Präsentierteller servieren konnte.
Dazwischen hatte Kiel das Spiel bestimmt, durch Schultz (17.), Trejgis (30.) und Breitenreiter (37.) aber alle Ausgleichschancen ausgelassen. Nach dem 0:2 brachen alle Dämme. Moors: „St. Pauli hat dann Hacke-Spitze gespielt, und wir sind nur noch hinterhergelaufen“. Die Hamburger boten zwar nur sehr ansatzweise Fußball zum Niederknien, aber die Störche knickten vollkommen ein. Bounoua, Musci und Agu sorgten zwischen der 57. und 72. Minute binnen einer Viertelstunde für St. Paulis höchsten Liga-Auswärtssieg seit dem 30. Januar 1984.
„Wir müssen ganz klar ansprechen, was nach dem 1:0 passiert ist“, warnte St. Paulis Mittelfeldspieler Andreas Mayer angesichts der mäßigen Vorstellung in der ersten Halbzeit allerdings vor zu viel Euphorie. „Nach dem 2:0 war's leicht, aber so ein Spiel hat man wahrscheinlich nur einmal im Jahr.“
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