„Ich will weiter mitreden“

PDS-Senator stellt kulturpolitisches Konzept vor. Das Ziel: mehr Planungssicherheit für die Einrichtungen und mehr Staatsferne. Auslagerung von Kulturmanagement gefordert

Er habe sich, wegen des Drängens der Opposition, „jetzt zwei Tage hingesetzt und sein kulturpolitisches Konzept mal aufgeschrieben“, sagte ein leutseliger Kultursenator Thomas Flierl (PDS) gestern der Presse. Bislang sei er dazu nicht gekommen, da die Verfassungsklage und der neu zu begründende Etat ihn daran gehindert hätten. Nun wolle er mit dem gestern vorgelegten 40 Seiten starken Papier, vor dem Hintergrund der angespannten finanziellen Lage, weitere Reformen im gesamten Kulturbereich anregen. Sein Konzept „setzt sich in Beziehung zur Enquetekommission des Senats und der Berliner Zukunftsstudie“.

Sprich: Flierl hält die Berliner Kultur, neben der Wissenschaft, für das eigentliche Zukunftspotenzial der Stadt. Daher müsse sich die Spreemetropole künftig noch stärker mit Kulturmetropolen wie London oder Paris messen. Flierls gesammelte Konzepte seien keine „Leitlinien für eine 1:1-Umsetzung“, erklärte er, vielmehr wolle er Impulse über die Legislaturperiode hinaus setzen, denn „ich erhebe Anspruch, mich weiter an der Kulturdebatte zu beteiligen“. Worum geht es ihm dabei?

Grundsätzlich um mehr Staatsferne und mehr Planungssicherheit für die einzelnen Institutionen. Im Einzelnen fordert der PDS-Senator zum Beispiel, die Zahl der Konzertorchester in Berlin zu reduzieren. Neben den Philharmonikern sollten dauerhaft nicht mehr als zwei konkurrenzfähige, hochkarätige Klangkörper unterhalten werden, denn langfristig könne nicht mit einer ausreichenden Nachfrage gerechnet werden.

Ferner sieht Flierl mittelfristig keine Möglichkeit, der Ballett-Kompanie ein eigenes Haus für den modernen Tanz zu geben. Das Ensemble werde auf den Bühnen der Oper gebraucht. Bei den Theatern will der Senator bei der nächsten Evaluierung der konzeptgeförderten Häuser, neben der künstlerischen Qualität, auf mehr Wirtschaftlichkeit und Nachfrage achten. Bei den städtischen Museen beklagt Flierl, dass sie immer mehr hinter den national und international ausgerichteten Museen zurückständen. Er will daher die städtischen Museen zusammenfassen, damit sie die „kritische Größe“ erhalten, die sie erst konkurrenzfähig mache. Vorschlag: die Zusammenführung der Stiftung Stadtmuseum mit der Berlinischen Galerie, dem Brücke Museum und dem Kolbe-Museum unter dem Dach einer Stiftung.

Bei den Gedenkstätten schwebt ihm das Gleiche vor: einen institutionellen Zusammenhang herstellen zwischen Hohenschönhausen, der ehemaligen Stasi-Zentrale, der Mauergedenkstätte Bernauer Straße sowie dem Dokumentationsort Aufnahmelager Marienfelde, unter Einbindung des privaten Hauses am Checkpoint Charlie.

In puncto Staatsferne plädiert Flierl für die Errichtung einer städtischen Kulturstiftung, der vom Land dann alle Kulturstipendien und -förderungen übertragen würden. Diese Stiftung sollte mehrjährige Zuschussverträge erhalten, um somit unabhängiger von Haushaltslagen zu werden. Planung auslagern will Flierl außerdem in einem Städtischen Kulturbüro, das als „front office“ des Kulturmanagements dienen soll. ADRIENNE WOLTERSDORF