Rasierter Hype

Weltkongress der Designer in Hannover. Die Stadt mutiert mit 50 Events zum Zentrum von Formen und Funktionen

Hannover taz ■ Die internationale Designer-Elite gastiert ab heute in Hannover und macht die Stadt an der Leine für ein paar Tage zum Welt-Zentrum der Logos und Entwürfe, der Formen und Funktionen. 650 GrafikerInnen, StadtplanerInnen, AutostylistInnen, ModemacherInnen und DesignerInnen aus 35 Ländern treffen sich zum Weltkongress des International Council of Societys of International Design (ICSID) – erstmals in Deutschland.

Schon seit Tagen regiert deswegen der Design-Hype in Hannover: Im Kaufhof rasierte bereits eine Radiomoderatorin die Kundschaft mit Designpreis-gekrönten Braun-Rasierern, viele Ketten verkaufen plötzlich Designerwaren. Insgesamt 50 Events begleiten diese Woche den Kongress: vom Designmarkt zur Stuhlausstellung, von der Brautkleid- bis zur Schau der Stoffe. Interessant dürften auch die geführten Bustouren zu den neun Designer-Bahnhaltestellen in der City sein. Klar, dass Organisator Ralph Wiegmann vom International Forum Design (IF) mehrere zehntausend TeilnehmerInnen erwartet.

Natürlich nutzen auch Hannovers Jung-Entwerfer den Kongress als Plattform. Die Design-Studenten der Fachhochschule (FH) Hannover stellen in einer noch ungenutzten U-Bahn-Haltestelle ihre Entwürfe aus. In dieser zwar in den 70er Jahren gebauten, jedoch nie genutzten „stillen“ Station zeigt der Nachwuchs Kopfhörer mit Ohrmuscheln, in denen man auch in der Stadt das Rauschen des Meeres hören kann, Manta-förmige Tauchgeräte oder eine Achterbahn-ähnliche „VW-Golf Besucherbahn“ – wohl eines der Highlights der Design-Woche. Es habe sich viel an der FH getan, betont Professor Gunnar Spellmeyer: „Immerhin haben wir in den letzten zwei Jahren 25 international bedeutende Preise geholt.“

Der ICSID-Kongress selbst (Teilnahmebeitrag: 750 Euro) ist hingegen wohl nur Fachleuten vorbehalten. Es geht, ganz grob gesagt, um die Zukunft des Berufsstands. „Ist der Designer von morgen ein strategischer Berater oder nur ein Erfüllungsgehilfe seiner Firma?“, fragt Organisator Wiegmann. Und hat das Thema vor allem interdisziplinär gedacht: „Die Hauptredner sind nicht aus der Designerbranche – wir wollen so diverse Türen aufstoßen.“ Es treten auf: John Maeda, Professor für Medienkunst am Massachussetts Institute of Technology (MIT), der niederländische Trendforscher Li Edelkoort, der Bonner Hirnforscher Detlef Linke und Modemacherin Jette Joop. Kai Schöneberg

www.ifdesign.de