Des Kaisers goldene Worte

Franz Beckenbauer will eigentlich über Hamburgs Rolle bei der Fußball-WM 2006 reden und sich ins Goldene Buch eintragen. Er muss aber vor allem zu Rudi Völlers Wutausbruch Stellung nehmen: Die Lichtgestalt hat Verständnis für den Nachfolger

Die Fraktionschefs von CDU und FDP holen sich ein paar Sonnenstrahlen ab

von PETER AHRENS

Fußballfunktionäre und Medien – das ist zurzeit eine explosive Kombination. Irgendwann reicht es auch Franz Beckenbauer: „Muss ich hier wirklich 15-mal dasselbe erzählen?“, grantelt er den armen Kerl vom Deutschen Sportfernsehen an, als der ihm die Frage stellte, zu der ihm zuvor schon sämtliche anderen JournalistInnen eine Stellungnahme abgenötigt hatten. Aber der Kaiser wäre nicht der Kaiser, wenn er sich nicht schnell wieder im Griff hätte. Und so beantwortete er anschließend huldvoll auch dem DSF-Menschen noch, was er denn zum Gefühlsausbruch von Rudolf Völler zu sagen habe. Dass Beckenbauer an diesem Nachmittag an sich mit Hamburgs CDU-Bürgermeister Ole von Beust zusammentreffen sollte, um über die hansestädtischen Vorbereitungen für die Fußball-WM 2006 zu reden, interessierte gestern niemanden.

Beckenbauer trug sich ins Goldene Buch der Stadt ein und musste anschließend ausführlich Völler-Rechtfertigung betreiben. „Das war menschlich von ihm. Ich kenn‘ das aus meiner Zeit. Wenn einem was nicht passt und sich was aufstaut, dann muss es raus. Und ich kenn‘ den Rudi. Er hat sicher etwas überzogen, aber....“ und so weiter. „Schön, dass jetzt auch in Hamburg aufgearbeitet wird, was am Wochenende schon alle erzählt haben“, kommentierte FDP-Fraktionssprecher Christian Sommer die Szenerie.

Sommer war nicht der Einzige, den der Kaiser angelockt hat, obwohl er mit dem Termin als solchem gar nichts zu tun hatte. Johannes B. Kerner ist immer da, wenn es in Hamburg um Sport und Blitzlichtgewitter geht. CDU-Fraktionschef Michael Freytag und sein FDP-Kollege Burkhard Müller-Sönksen holten sich auch ein paar Sonnenstrahlen von der Lichtgestalt ab. Bürgerschaftsvizepräsident Peter Paul Müller von der Schill-Partei vertiefte sich ins Dreiergespräch mit HSV-Ikone Uwe Seeler und FDP-Sportsenator Rudolf Lange – von den JournalistInnen einmütig zum „Trio Furioso“ gekürt.

Ole von Beust schaffte es immerhin, den Bogen zu Hamburg zu spannen. Die Hansestadt verfüge über „eines der modernsten Stadien“ der Republik. Und allein die Tatsache, dass Hamburg Austragungsort von WM-Spielen werde, sei natürlich „eine enorme Werbung für den Standort“.

Darüber hinaus sei der Besuch des Kaisers „auch im republikanischen Rathaus eine Auszeichnung“. Beckenbauer genieße nicht nur wegen seiner Zeit als Spieler des Hamburger SV in der Stadt ein „riesiges Ansehen“.

An dem der Cheforganisator auch gestern eifrig bastelte, indem er artig Autogramme für kleine Jungs schrieb und einem glücklichen Rundfunkjournalisten tatsächlich ein „Schaun mer mal“ ins Mikro sprach. Das bezog er auf die Qualifikationschancen des Völler-Teams, „von dem wir alle wissen, dass es spätestens seit 1998 Probleme hat“.

Dann ließ er bei allem Verständnis für seinen Nach-Nach-Nachfolger denn doch durchscheinen, dass es für den Maestro eine rechte Qual gewesen sein muss, sich das Gekicke vom vergangenen Samstag angucken zu müssen: „Ich will solche Spiele nicht sehen, aber ich muss sie mir ja anschauen.“ Bedauernd über so viel verlorene Spielkultur ließ er einen Völler-Vorwurf auch nicht gelten: Es stimme nicht, dass „wir früher immer nur Standfußball gespielt haben. Es gibt Fotos von mir, die beweisen, dass ich auch mal gelaufen bin.“

Am Schluss hatte er noch einen seiner klassischen kaiserlichen Leersätze parat: „Man kann aus einem schlechten Spiel nun mal kein gutes machen.“