berliner zeitungs-soap
: Bange um die Pressevielfalt

Was haben das Ruhrgebiet, Hamburg oder Köln gemeinsam? Sie sind publizistisch alle in der Hand eines einzigen Verlegers. Das bleibt München, Frankfurt und auch der Hauptstadt bislang erspart. Ende September könnte es schon anders aussehen. Bis dahin will Wirtschaftsminister Clement (SPD) seine Entscheidungsfindung im Fall Holtzbrinck abgeschlossen haben. Wie das Ergebnis aussehen wird, ist zwar noch völlig offen. Fest steht aber, dass Clement ziemlich schwitzen wird: Sagt er Nein zum Kauf der Berliner Zeitung durch Holtzbrinck, ist zwar die Meinungsvielfalt der Berliner Presselandschaft gerettet. Für diesen Fall drohte der Konzern bereits damit, den Tagesspiegel dichtzumachen.

Kommentar von ADRIENNE WOLTERSDORF

Sagt Clement Ja zum Kauf, kündigte der Springer Verlag schon das Aus für die Mopo und Die Welt – oder wenigstens eine sofortige Klage gegen die Ministererlaubnis an. Clement selbst kann keineswegs der Stimme seines Gewissens folgen. War es nicht die SPD selbst, die vor 25 Jahren die Pressekonzentrationskontrolle einführte? Denn Bundeskanzler Gerhard Schröder scheint eher geneigt zu sein, der Verlegerlobby und ihren Konzentrationswünschen entgegenzurücken.

Was ist also zu erwarten? Eine verschwiemelte Lösung mit Holtzbrinck als Besitzer beider Zeitungshäuser und einem Tagesspiegel unter der Ägide einer scheinbar unabhängigen Stiftung. Viele Kritiker können dem Stiftungsmodell etwas abgewinnen. Es könnte funktionieren, wenn das Stiftungskonstrukt nur sauber durchdacht wird. Ein Stiftungsratsmitglied Klaus Wowereit und andere Politiker oder Unternehmen sollte dabei verhindert werden. Die Fehler im System des öffentlich-rechtlichen Rundfunks dürften nicht wiederholt werden. Es ist trotz vieler Versuche klar geworden: Der Bock ist ein schlechter Gärtner.