Deutsche Sterne unter Chinas Sonne

Nach langem Anlauf will nun auch DaimlerChrysler in der Volksrepublik Autos bauen. Das gestern geschlossene Grundsatzabkommen sieht Investitionen von schätzungsweise einer Milliarde Euro vor – verteilt auf mehrere Jahre

aus Peking GEORG BLUME

Es gab Zeiten, da überlegte ein Daimler-Benz-Chef laut, was es für die Umwelt bedeuten würde, wenn nur jeder dritte Chinese – 400 Millionen Menschen – Auto fahren würde. Jürgen Schrempps Vorgänger Edzard Reuter war von dieser Perspektive jedenfalls wenig angetan. Und auch Schrempp, seit 1998 Vorstandsvorsitzender der fusionierten DaimlerChrysler AG, ließ sich viel Zeit, bevor er gestern den roten Teppich in Peking betrat. Umweltsorgen hielten ihn vermutlich nicht davon ab. Aber warum sollte man Mercedes-Limousinen ausgerechnet in China bauen? Für Schrempp war lange Zeit wichtiger, dass deutsche Stern-Qualität erst einmal in seinem Lieblingsland Südafrika hergestellt wird.

Doch so ist das nun einmal bei den globalen Autobauern: Einer folgt dem anderen. Erst kam Volkswagen nach China, dann Citroen und General Motors. In den letzten Jahren folgten die Japaner: Honda, Toyota und Nissan. Im Frühjahr holte BMW auf. Gestern nun also DaimlerChrysler mit der üblichen Jointventure-Zeremonie und dem Empfang beim Premierminister.

„China ist ein Schlüsselelement in der Asien-Strategie von DaimlerChrysler“, verkündete Schrempp gestern in Peking. Gemeinsam mit dem chinesischen Partner Beijing Automotive Industry Holding (BAIC), der bereits Jeeps für Daimler herstellt, will man bis 2012 etwa 25.000 Limousinen pro Jahr in Peking herstellen. Dafür sind gemeinsame Investitionen über eine Milliarde Euro geplant. Sie sollen außerdem der gemeinsamen Produktion von Lastwagen und Schwermotoren dienen.

Vielen in der Stuttgarter DaimlerChrysler-Zentrale hat diese Jointventure-Strategie immer missfallen. Denn letztlich riskiert der Traditionskonzern, dass andere so Autos bauen lernen, wie es nur Daimler glaubt zu können. Doch gibt es bisher keinen anderen Weg in die Produktion auf dem chinesischen Markt. Dem aber scheint kein westlicher Automanager derzeit widerstehen zu können: Allein 2002 legten die chinesischen Autoverkäufe um 56 Prozent auf 1,13 Millionen Stück zu. Das machte China zum viertgrößten Pkw-Markt hinter den USA, Japan und Deutschland. Zumal die eigentlichen Probleme, ob für die Umwelt oder mit einem allzu lernfähigen Partner BAIC, eher in zehn oder zwanzig als in fünf Jahren auftreten werden. Also nicht mehr in Schrempps Zeithorizont als DaimlerChrysler-Chef.