Jetzt ist die Zeit

In den kommenden Wochen zeigt sich, ob die Regierung in der Lage ist, Deutschland zu reformieren

aus Berlin HANNES KOCH

Es wird ein heißer Herbst für die rot-grüne Bundesregierung. Denn heute tritt die Legislaturperiode in ihre bislang wichtigste Phase, wenn der Bundeshaushalt 2004 und eine Reihe weiterer Gesetzesvorhaben in den Bundestag eingebracht werden. Nun entscheidet sich, ob die Regierung vor der nächsten Bundestagswahl behaupten kann, erfolgreiche Reformen auf den Weg gebracht zu haben.

Die Konstellation ist einzigartig: Ein rundes Dutzend weitreichender Gesetze beschäftigen Bundestag und Bundesrat gleichzeitig. Das Tempo der Veränderung ist so hoch, weil Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) angesichts der schlechten Wirtschaftslage unter Druck steht. Gleichzeitig kann die Union im Bundesrat blockieren.

Die Regierung plant einen Dreisprung: Mit einer vorgezogenen Steuersenkung will sie Nachfrage und Wachstum stimulieren. Mit der Gesundheitsreform und dem Gesetz zur Rente will sie die Lohnnebenkosten senken, damit neue Jobs entstehen. Schließlich sollen die Senkung der Arbeitslosenhilfe auf Sozialhilfeniveau und diverse Steuergesetze dazu dienen, die öffentlichen Haushalte zu entlasten.

Zwar können SPD und Grüne den Umbau der Bundesanstalt für Arbeit, einen Teil der Gesundheitsreform, die Verkürzung der Bezugsdauer für Arbeitslosengeld und die Rentenreform ohne die Zustimmung des Bundesrates beschließen. Kompromisse wird die Regierung allerdings bei der Gesundheitsreform, den Hilfen für finanzschwache Städte und beim Vorziehen der Steuerreform eingehen müssen. Die Achillesverse der Regierung freilich stellen die Staatsfinanzen dar. Hier wird die Union nachweisen wollen, dass Finanzminister Hans Eichel unsolide wirtschaftet. Das geht ganz einfach: Schon der Haushaltsentwurf 2004 ist verfassungswidrig, weil er zu viele Schulden enthält. Die möglichen Einnahme- und Ausgaberisiken hinzugerechnet, könnte das Defizit im Bundeshaushalt ähnlich wie 2003 wieder 40 Milliarden Euro betragen. Immerhin die eigenen Leute stehen hinter der Regierung: gestern hat die SPD-Bundestagsfraktions Hans Eichels Haushaltsentwurf einstimmig gebilligt.