Notdienst beim Hausarzt

Abschaffung der Ärzte-Bereitschaft in Kliniken: Kleine Krankenhäuser sehen sich vor große Probleme gestellt. Notaufnahmen werden so umorganisiert, dass weniger Fachärzte vor Ort sein werden. Kammer erwartet Neueinstellungen

von ELKE SPANNER

Die Vorbereitungen laufen seit Monaten. Da die Hamburger Krankenhäuser bereits damit gerechnet haben, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Bereitschaftsdienste für Ärzte abschaffen wird, liegen Konzepte zur Neuorganisation der Arbeitszeit bereits in den Schubladen der Klinikleitungen. Trotz der Vorbereitungen aber sehen sich diese jetzt vor große Probleme gestellt: „Die Abschaffung der Bereitschaftsdienste ist ein organisatorischer wie finanzieller Kraftakt, der angesichts knapper Budgets und realer Minusrunden kaum, jedenfalls nicht von heute auf morgen gestemmt werden kann“, sagte Jürgen Abshoff, Geschäftsführer der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft (HKG). Insbesondere kleine und mittlere Kliniken, prophezeite er, „geraten akut in ernste Schwierigkeiten“.

Dass eher die kleineren Kliniken durch die gestrige Entscheidung belastet werden, zeigt sich schon an den unterschiedlichen Reaktionen auf das Urteil. Der Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK), eines der größten Gesundheitsunternehmen der Bundesrepublik, macht sich keine Sorgen um die Umorganisation seiner sieben Hamburger Kliniken. Bereits 2001 hat der LBK sein Pilotprojekt Panda gestartet, durch das Bereitschaftsdienste kostenneutral in Schichtdienste umgewandelt werden sollen: Die Ärzte können wählen, ob sie bei gleichem Gehalt 48 Stunden pro Woche arbeiten oder die Arbeitszeit auf 38,5 Stunden herunterfahren wollen – und dabei auf die Zuschläge verzichten, die bisher für die Bereitschaften gezahlt werden. Durch das frei werdende Geld werden Neueinstellungen finanziert. Bis 2005, sagt LBK-Sprecher Siegmar Eligehausen, „sind alle Ärzte in unseren Kliniken bereitschaftsdienstfrei“.

In den übrigen Kliniken sehen die Prognosen allerdings anders aus. Ein Modell wie das des LBK, gibt HKG-Sprecher Fabian Peterson zu bedenken, setzt einen entsprechend großen Pool an Ärzten voraus – über den kleinere Häuser nicht verfügen.

Die Hamburger Kliniken überlegen deshalb auch, die Notdienste nachts und an den Wochenenden so zu organisieren, dass schlicht weniger Ärzte benötigt werden. So sollen in Zukunft nicht mehr zu jeder Zeit Spezialisten aller Fachrichtungen in allen Kliniken anwesend sein. Vielmehr sollen die Notaufnahmen mehr von Allgemeinmedizinern besetzt werden, die bei Bedarf dann Fachärzte herbeirufen. Die Qualität der medizinischen Versorgung, beteuert Eligehausen, werde nicht darunter leiden: „Wir haben festgestellt, dass die Patienten nachts und am Wochenende zu 90 Prozent Allgemeinmediziner benötigen.“ Einzelne Kliniken führen bereits notfallmedizinische Schulungen für Allgemeinmediziner durch.

Der Präsident der Ärztekammer, Michael Reusch, erwartet, dass es nun zu zahlreichen Neueinstellungen in Hamburger Kliniken kommt. Wichtig sei jetzt zu beachten, dass die Belegschaft der Kliniken bei der Neuorganisation einen ausreichenden Entscheidungsspielraum beispielsweise für Überstunden erhält – denn nicht alle Ärzte, so Reusch, werden Einkommensverluste durch den Wegfall von Bereitschaftsdiensten hinnehmen wollen. Zudem dürfe die neue Arbeitszeitgestaltung nicht zu Lasten der medizinischen Versorgung gehen: „Patientinnen und Patienten müssen weiterhin – auch nachts – auf Facharztstandard behandelt werden.“

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