Risse am Bau

Für eine Tiefgarage und ein Pflege-Zentrum am Sankt-Joseph-Stift soll das Grundwasser abgesenkt werden. Anwohner fürchten um ihre Wohnqualität

Anwohner werfen dem Stift vor, sein Gebiet mit einem Trick auszuweiten

Bremen taz ■ Welchen Stellenwert hat in Bremen die Wohnqualität? In Schwachhausen hat sich an dieser Frage ein Streit um den Ausbau des Sankt-Joseph-Stifts entzündet: Weil das Krankenhaus dort eine Tiefgarage und die Caritas ein Pflege-Zentrum bauen will, muss im umliegenden Viertel das Grundwasser einige Wochen lang abgesenkt und der Verkehr neu geregelt werden. Die Anwohner befürchten nun Schäden an ihren Häusern und mehr Verkehrslärm.

Das St.-Joseph-Stift plant den Bau einer ambulanten Klinik samt Tiefgarage. Bei deren Bau könnten – solange das Grundwasser abgesenkt bleibt – die hölzernen Fundamente der umliegenden Häuser trocken fallen, sich verziehen und so Risse im Mauerwerk verursachen, befürchten Anwohner. Ein Gutachter aus Hannover hatte sie zu beruhigen versucht: Änderungen am Fundament würden höchstens Millimeter-Risse verursachen – wenn überhaupt. Die Anwohner glaubten den optimistischen Ausführungen nicht, auf der letzten Beiratssitzung kam es zu Tumulten.

Jetzt untersuchen Bremer Gutachter alle umliegenden Häuser auf schon bestehende Schäden, damit nach dem Bau klar ist, welche Beschädigungen neu hinzugekommen sind. Geschädigte sollen dann Schadensersatz vom Bauunternehmen fordern können. Dieses „Beweissicherungsverfahren“ könnte innerhalb von 14 Tagen abgeschlossen sein. Dann gibt die Wasserbehörde vermutlich ihre Erlaubnis für die Grundwasserabsenkung. Ob die Baubehörde bereits grünes Licht gegeben hat, ist nicht ganz klar: Torsten Jarchow, Geschäftsführer des Krankenhauses, geht davon aus, dass die Baugenehmigung vorliegt. Anwohner, die den Antrag beim Bauamt eingesehen haben, behaupten, es sei bisher nur ein Teil des Projekts genehmigt. So habe die Baubehörde von 105 geplanten Auto-Stellplätzen bislang erst 46 durchgewunken. Kritisiert wird auch „mangelhafte Transparenz“: Das Sankt-Joseph-Stift soll den Anliegern die Baupläne zunächst verschwiegen haben.

Über den Neubau-Plan der Caritas ärgern sich die Nachbarn schon länger. Der „riesige Klotz“, der 80 mal 40 Meter groß und vier Stockwerke hoch werden soll, führe zu einem Verlust der Wohn- und Lebensqualität, argumentieren sie. Die Anrainer werfen dem Sankt-Joseph-Stift vor, sein Gebiet mit einem „Trick“ auszuweiten: Das Krankenhaus selber darf wegen alter Anliegerrechte nicht näher an die Häuser im Westen heranrücken. Da es sich bei dem Caritas-Bau aber um ein Pflegeheim handelt, was nominell die Rechte der Anwohner nicht verletzt, wurde der Bau genehmigt.

Durch das neue Pflegezentrum werde es deutlich mehr Verkehr im Stadtteil geben, fürchten Bürger. Es müsse daher zunächst geprüft werden, ob die Lärmschutzbestimmungen auch nach dem Bau eingehalten würden. Auch das sorgt in Schwachhausen für dicke Luft: Die Anwohner und Caritas-Geschäftsführer Werner Fühner werfen sich gegenseitig mangelnde Diskussionsbereitschaft vor.

Thorsten Busch