Peter Müllers Wahlhelfer heißt Lafontaine

Die Saar-CDU geht siegesgewiss in die Landtagswahl. Ihr Ministerpräsident fürchtet nur noch Nichtwähler und Kleinparteien, nicht mehr die SPD. Immerhin, feixt Müller, die Tomaten sind auch nach dem 5. September noch rot

MERCHWEILER taz ■ „Oskar Lafontaine? Auf den Mann kann man sich verlassen!“ Peter Müller, Ministerpräsident im Saarland und Landesvorsitzender der CDU, präsentiert sich im Wahlkampf am Freitag auf dem Wochenmarkt in Merchweiler schon früh in bester Stimmung dem Wahlvolk. Der Union an der Saar ist der erneute Sieg wohl kaum noch zu nehmen, spätestens seit der Aufforderung des Enfant terrible der deutschen Sozialdemokratie an die Adresse von Bundeskanzler Gerhard Schröder, umgehend zu demissionieren, sonst werde er – Lafontaine – der neuen Linkspartei beitreten. Jetzt kann Heiko Maas, der 37-jährige SPD-Landesvorsitzende, wohl nicht mal mehr die absolute Mehrheit der Union verhindern.

Ein „Glücksfall“ sei Lafontaine für die CDU, sagt auch die Landtagsabgeordnete Anke Heimes aus Merchweiler bei einem Gläschen Sekt und bester Laune. Es wird viel gelacht am Wahlkampfstand auf dem Wochenmarkt. Und Müller dreht auch bei Platzregen aufgekratzt seine Runde, beschirmt von Heimes und dem örtlichen Bürgermeister. Hier ein Schwätzchen mit dem Metzger, dort mit dem Gemüsebauern. „Ein Trost für Maas: die Tomaten bleiben auch nach der Landtagswahl rot“, feixt Müller. Den beiden Querulanten vom ganz rechten Rand seiner Partei, die sich über die materielle Unterstützung von „Asylanten“ durch die Kreisverwaltung aufregen, wäscht er schnell noch den Kopf: „Sollen wir die Menschen vielleicht verhungern lassen?“

Fünf Termine in fünf verschieden Städten schafft Müller spielend – an einem Tag. Schließlich sind es bis zum Wahltermin am 5. September gerade noch einmal drei Wochen. Von Merchweiler aus bricht die schwarze Karawane gegen 11 Uhr auf nach St. Wendel; von dort aus geht es zum Stadtfest in Püttlingen (18 Uhr) und dann zum „Wambefest“ in Quierschied (20 Uhr). Müller immer mitten drin, und immer besser wird die Laune: „Hauptsach gut gess“, das ist saarländische Lebensart.

Die rund 15 Prozent der Wählerstimmen für die DKP in Püttlingen bei den Kommunalwahlen im Juni hat der Ministerpräsident dagegen noch nicht ganz verdaut. Und auch nicht die zweistelligen Ergebnisse für die NPD in den sozialen Brennpunkten in Saarbrücken und anderswo im Saarland. Müller steht zu den „zum Teil auch schmerzlichen Reformvorhaben“, die Bundesregierung und CDU-Ministerpräsidenten gemeinsam durch den Bundesrat gebracht haben. Doch natürlich treibt den Wahlkämpfer die Sorge um, dass sich der Trend zu den Kleinparteien wegen der Einschnitte gerade für die nicht so privilegierten Schichten der Bevölkerung bei den Landtagswahlen fortsetzen könnte. Und dann ist da noch die Sorge um die „überall festzustellende Wahlmüdigkeit der Bevölkerung“, von der die kleinen Parteien zusätzlich profitieren könnten. Tatsächlich waren erst im Juni Europawahlen und Kommunal- und Landratswahlen im Saarland. Danach kam es in einigen Landkreisen noch zu Stichwahlen. Jetzt steht die Landtagswahl an. Und in Saarbrücken wird auch noch zeitgleich ein neuer Oberbürgermeister gewählt. Viele Bürger hätten auch deshalb „die Schnauze gestrichen voll von der Politik“, sagt der Bürgermeister. Das jedenfalls bekomme er auf dem Rathaus fast täglich zu hören.

Die Landtagswahl hat Müller also vielleicht doch noch nicht ganz gewonnen – trotz Wahlhelfer Lafontaine. Müller glaubt, dass die Grünen diesmal den Sprung in den Landtag schaffen könnten, „gänzlich unverdient“,wie Anita Heimes anmerkt. Schließlich hätten die Mitglieder ihre „Skandalnudel“, den Bundestagsabgeordneten Hubert Ulrich, wieder zum Landesvorsitzenden gewählt. Und die Partei sei doch „seit Jahren in der politischen Versenkung verschwunden“ gewesen.

Ob es mit einer dritten Partei im Landtag noch reicht für die absolute Mehrheit der Sitze für die Union? Müller ist zuversichtlich. Die Stimmen für die Grünen fehlten am Ende doch der SPD – und nicht der Union.

Maas hat sich inzwischen von den Äußerungen seines Übervaters distanziert. Ob das hilft? Müllers Generalsekretär Stephan Toscani ist fest davon überzeugt, dass Lafontaine seinen „privaten Rachefeldzug gegen Schröder“ fortsetzen werde – „zum Nutzen der Union an der Saar“. Man warte schon gespannt auf den nächsten Knaller. Der Mann sei „wie ein Bumerang“. Mit Schwung weggeworfen, kehre er stets mit viel Wirbel auf die politische Bühne zurück. KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT