Scholz bleibt in Berlin

SPD-Generalsekretär will nicht Bürgermeister in Hamburg werden. Damit formiert sich die Kandidatenschlange neu

HAMBURG taz ■ Olaf Scholz, SPD-Generalsekretär und Parteichef in Hamburg, will in Berlin bleiben. Entgegen bisherigen Spekulationen wird er zur Wahl des Bürgermeisters in Hamburg spätestens in zwei Jahren nicht gegen Amtsinhaber Ole von Beust (CDU) antreten. Er werde auf ausdrücklichen Wunsch von Bundeskanzler Schröder (SPD) auf dem Parteitag in Bochum im November „erneut als Generalsekretär kandidieren“, erklärte der 45-Jährige gestern in Hamburg. Er freue sich bereits darauf, den Bundestagswahlkampf in drei Jahren „zu leiten“. Diese Aufgabe und sein Mandat als Abgeordneter des Wahlkreises Hamburg-Altona „schließen eine Kandidatur für das Amt des Bürgermeisters in Hamburg aus“.

Damit beginnt sich die Kandidatenlage für die Wahl zu klären. Prompt brach nach Scholz gestern Henning Voscherau sein Schweigen. „Aus Altersgründen“ stehe er nicht zur Verfügung, erklärte der 62-Jährige, der neun Jahre lang bis 1997 Bürgermeister in der Hansestadt war. Über seine Ambitionen, nach fünf ruhigen Jahren als Notar wieder in die aktive Politik einzusteigen, ist in Hamburg heftig spekuliert worden. Hinter vorgehaltener Hand war zu erfahren, dass der rechte Parteiflügel ihn als Faustpfand gegen Scholz in der Hinterhand behalten hatte. Nur die „graue Eminenz“ Voscherau könne dem Parteivorsitzenden „den ersten Zugriff“ verwehren. So dürfte der Weg frei sein für Thomas Mirow. Der 50-Jährige hatte bereits vor Wochen offiziell seine Bereitschaft erklärt, gegen von Beust anzutreten. Voscherau hatte seinem Vertrauten, der ihm sechs Jahre lang als Chef der Senatskanzlei und als Stadtentwicklungssenator diente, Rückendeckung zugesichert – und Scholz aus dem Weg geräumt. Ebenfalls gestern meldete Gesundheitspolitiker Mathias Petersen seine Kandidatur an. Dem 48-jährigen Arzt und Hinterbänkler werden jedoch allenfalls Außenseiterchancen zugebilligt.

Am Sonnabend will der Landesvorstand der SPD auf einer Klausur das weitere Verfahren beraten. Offen ist noch, ob dann bereits ein Kandidat offiziell benannt wird. Scholz will „in aller Ruhe beraten, wie weiter zu verfahren ist“, Mirow hingegen drängt auf seine Nominierung. Auf die Krise der Rechtskoalition in der Hansestadt, ausgelöst durch den Rauswurf des Rechtspopulisten Ronald Schill aus dem Senat, müsse die SPD auch mit einer personellen Alternative reagieren.

Vollkommen uneinleuchtend ist das nicht. In zwei Wochen stimmt das Landesparlament über einen Antrag der SPD ab, sich selbst aufzulösen und vorgezogene Neuwahlen zu beschließen. Ohne Gegenspieler zu von Beust ein nicht ernst zu nehmendes Unterfangen. Die SPD errechnet sich Chancen auf einen Wechsel – weshalb die jetzige Bürgerschaft Neuwahlen verhindern will. SVEN-MICHAEL VEIT