CDU klar gegen Hartz und gegen Gegen-Hartz

In ganz Deutschland streitet die Union über Hartz IV. Nur in Berlin nicht. Die Position der Hauptstadt-Christdemokraten ist endlich mal eindeutig: Für eine Verschiebung der Sozialreform, aber gegen die Teilnahme an den Montagsdemos

Na, wat denn nu?, fragt sich in diesen Tagen so manch ein Berliner. Ist die Union jetzt für oder gegen Hartz IV? Zwar hat die Partei auf Bundesebene die Sozialreform mit eingetütet. Aber Sachsens CDU-Ministerpräsident Georg Milbradt ist für die Verschiebung. Verständlich, ist er doch auch im Wahlkampf. Die CSU in Bayern besinnt sich plötzlich wieder auf ihr „Soziales“ im Namen und stellt das Reformprojekt in Frage. Ole von Beust in Hamburg hingegen ruft dazu auf, die beschlossene Reform weiter mitzutragen. Aber was ist mit der Berliner CDU?

Im Wahlkampf steckt sie nicht. Also muss sie weder lautstark gegen die verhasste Arbeitsmarktreform wettern, um auf Stimmenfang zu gehen wie die christdemokratischen Parteifreunde in Brandenburg. Noch ist sie für die Umsetzung verantwortlich, wie die am Senat beteiligte PDS, die sich trotzdem das Recht heraus nimmt, mit großem Geläut gegen die Reform zu Felde zu ziehen. Eigentlich könnte sich die Berliner CDU also gemütlich zurücklehnen und einfach zuschauen, wie der rot-rote Senat das rot-grüne Gesetzwerk vom Bund umsetzen muss. Tut sie auch.

Zwar schimpft sie. Vor allem auf die Linkssozialisten und ihrem Aufruf zur Montagsdemo. „Unredlich“ sei das, „ein Ausdruck für mangelndes Geschichtsbewusstsein“. Ausgerechnet die PDS, deren Vorgängerpartei SED 1989 gestürzt worden ist, instrumentalisiere jetzt diese „geschichtsträchtige Demonstration für ihre eigenen Zwecke“ und mache sich „die Stimmung im Land gegen das Hartz-IV-Gesetz zunutze“, heißt es in einer eilig verfassten Pressemitteilung des CDU-Fraktionsvorsitzenden im Abgeordnetenhaus, Nicolas Zimmer. Geradezu eine Provokation sei, dass sich die Partei der demokratischen Sozialisten, die sich zu großen Teilen aus ehemaligen SED-Kadern rekrutiere, genau an dem Brunnen treffe, von dem 1989 die Demonstrationen in Berlin ausgegangen seien, heißt es in dem Schreiben weiter. Kein Wort von Zimmer zur Frage, was er denn generell von Hartz IV hält.

Unbefriedigend auch die wenig kämpferischen Aussagen des CDU-Landeschefs Joachim Zeller, zugleich viel beschäftigter Bezirksbürgermeister von Mitte. Er habe bereits vor geraumer Zeit die Verschiebung der Reform gefordert, sagt er und faselt dabei etwas von „Gerechtigkeitslücke“, wenn Menschen 35 Jahre in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben, aber kaum mehr etwas zurückbekommen. Auch die Frage, wo beim „Fordern und gleichzeitig fördern“, das Förderungsprogramm bleibt, das tatsächlich zu mehr Beschäftigung führt, steht auf seiner Kritikliste. Diese bleibt für ihn bloß ohne Folgen. Denn er hält es inzwischen für „wenig realistisch“, dass die Bundesregierung zurückrudert. Da würden auch keine Montagsdemos helfen. Der Unmut der Menschen sei zwar „verständlich“, die Demos aber schürten die Unsicherheit bloß nur.

Resignierend wirkt auch sein Parteifreund Peter Kurth, wenn er nur noch herumdokternde Vorschläge macht. Ein „Notfallplan“ für den Übergang, lautete seine weitestgehende Forderung vergangene Woche. Und vielleicht noch: Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) solle die Umsetzung zur „Chefsache“ machen. „Arbeitsmarktpolitik muss immer Chefsache sein!“ Ausgerechnet er sagt das. Er, der arbeitsmarktpolitischer Sprecher der Union ist – bloß kein Chef. Weder in seiner Fraktion, noch in seinem Landesverband. FELIX LEE