Der atomare Schatten des 11. Septembers

Pünktlich zum Jahrestag klagt Greenpeace Reaktorsicherheit ein. Biblis und Brunsbüttel sollen so abgeschaltet werden

HAMBURG taz ■ Pünktlich zum zweiten Jahrestag der Anschläge vom 11. September klagt Greenpeace auf Abschaltung der Atomkraftwerke Biblis A (Hessen) und Brunsbüttel (Schleswig-Holstein) als Schutz vor terroristischen Anschlägen. Beide Reaktoren könnten einem Attentat mit einem Verkehrsflugzeug nicht widerstehen, meint Stefan Schurig, Greenpeace-Energieexperte. Durch zwei Musterklagen vor dem Oberverwaltungsgericht Schleswig und dem Verwaltungsgericht Kassel, die gestern eingereicht wurden, soll der Widerruf der Betriebsgenehmigungen und somit die Stillegung der beiden Reaktoren erreicht werden.

Im „Kalkar“-Urteil hatte das Bundesverfassungsgericht 1978 festgelegt, dass beim Betrieb von Atomkraftwerken lediglich ein so genanntes Restrisiko zu vernachlässigen sei, darunter Flugzeugabstürze. Jetzt aber, so Greenpeace-Anwalt Ulrich Wollenteit, sei daraus „ein reales Risiko“ geworden, das nach dem Atomrecht einen „Vorsorgestandard“ erfordere. Dieser Schutz könne nur durch Stilllegung der Meiler erreicht werden.

Wollenteit beruft sich auch auf ein Gutachten über die Gefährdung deutscher Atomkraftwerke, das gravierende Sicherheitslücken nachgewiesen habe. Die Expertise wird seit Monaten von der Bundesregierung unter Verschluss gehalten.

Auch der BUND forderte gestern den raschen Ausstieg aus der Atomkraft wegen gestiegener Terrorismusgefahren. Bundeskanzler Schröder und Umweltminister Trittin sollten das Thema auf dem Energiegipfel mit den Stromkonzernen in der nächsten Woche ansprechen.

SVEN-MICHEL VEIT