Weißes Gold oder großes Pech?

Vier afrikanische Handelsminister klagen gegen die Baumwollsubventionen der EU und der USA. Unterstützung erhalten sie von Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul, die in Cancún zum Thema einen „Baumwolltag“ organisieren ließ

aus Cancún KATHARINA KOUFEN

„Ein Kräftemessen zwischen Arm und Reich“ – unter diesem Vorzeichen begann gestern Abend das Ministertreffen der Welthandelsorganisation (WTO) in Cancún. Von den reichen Industriestaaten wird verlangt, den ärmeren Entwicklungsländern einen besseren Marktzugang für deren Produkte zu ermöglichen. Ohne Kompromisse bei der Landwirtschaft droht die seit 2001 laufende neue Welthandelsrunde zu scheitern. Das wäre auch ein schlechtes Signal für die schwache Weltkonjunktur.

Zum Beispiel Baumwolle: Benin, Burkina Faso, Mali und Tschad machen sich für eine Streichung insbesondere der Baumwollsubventionen stark. Unterstützung erhält die Initiative von Deutschland und der EU. Mali, Burkina Faso, Benin und der Tschad sind abhängig vom Baumwollexport. Für rund 10 Millionen Menschen in den west- und zentralafrikanischen Sahelstaaten ist der Anbau einzige Einnahmequelle. In Burkina Faso stammen heute beispielsweise 60 Prozent aller Devisen aus dem Verkauf des „weißen Goldes“.

Entsprechend dramatisch ist die Entwicklung des Weltmarktpreises: Seit 1997 sank er um fast 40 Prozent. Schuld daran sind die USA und die EU. Sie steigerten die Baumwollsubventionen seit Mitte der 90er-Jahre so massiv, dass immer mehr Bauern auf den Textilrohstoff umstiegen. So fließen mittlerweile weltweit fast 5 Milliarden Dollar in die Baumwollsubventionen.

Die US-Regierung hat die Beihilfen binnen vier Jahren versechsfacht. Machten die amerikanischen Baumwollausfuhren 1997/98 noch ein Viertel der weltweiten Exporte aus, so stieg der Anteil mittlerweile auf 37 Prozent. Noch üppiger fördert die EU den eigentlich marginalen Baumwollanbau: Wer den Textilrohstoff aussät, erhält dafür drei- bis viermal so viel wie für Mais oder bis achtmal so viel wie für Getreide. Kein Wunder, dass Bauern in Spanien und Griechenland gerne umsteigen. Entsprechend verdoppelte sich in der EU die Baumwollproduktion während der 90er-Jahre.

„Wir können diese Situation nicht länger dulden“, sagt der Handelsminister von Benin, Fatiou Akplogan. Mit seinen drei Kollegen fordert er, dass die WTO Baumwolle als „spezifisches Produkt“ für West- und Zentralafrika anerkennt. Wäre das der Fall, würden „bestimmte Schutzmaßnahmen“ in Kraft treten – welche genau, soll jetzt in Cancún beraten werden. Die reichen Länder sollen außerdem ihre Baumwollsubventionen vollständig streichen. Bis das geschehen ist, verlangen die afrikanischen Staaten Entschädigungen für entgangene Exporteinnahmen.

Ohne Subventionen, hat das Internationale Baumwollkommittee ausgerechnet, würde der Weltmarktpreis um 31 Cent pro Pfund steigen. „Eine äußerst einfache Methode, das Versprechen, aus der Handelsrunde eine Entwicklungsrunde zu machen, ein Stück weit einzulösen“, findet die deutsche Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul. Sie ist es denn auch, die sich innerhalb der Bundesregierung dafür stark macht, auf Brüssel Druck auszuüben. In Cancún hat die SPD-Politikerin extra einen „Baumwolltag“ organisiert.

Unterstützung, die die afrikanischen Länder brauchen. Alle vier haben zu wenig Juristen und Fachleute, die sich im Dschungel der WTO-Gesetze auskennen. Nicht einmal über eine eigene Vertretung am Sitz der WTO in Genf verfügen sie.