UNO-Mission im Kosovo mit neuer Spitze

Der Däne Søren Jessen-Petersen übernimmt die Führung der Unmik. Die Erwartungen in der südserbischen Provinz sind hoch. Denn sowohl Albaner als auch Serben erhoffen sich von dem Neuen die Erfüllung ihrer politischen Forderungen

SPLIT taz ■ Die UNO kann sich im Kosovo keinen personalpolitischen Fehler mehr leisten. Denn dazu ist die UN-Mission im Kosovo (Unmik) zu wichtig. Die UN verwaltet dort immerhin ein Protektorat, das fünf Jahre nach dem Einmarsch der Nato immer noch nicht zur Ruhe gekommen ist. Nach dem Unruhen im vergangenen Frühjahr mit 19 Toten mussten jetzt Nägel mit Köpfen gemacht werden.

Mit dem Dänen Søren Jessen-Petersen hat UN-Generalsekretär Kofi Annan nun einen Mann an die Spitze der Unmik gestellt, der wie kaum ein anderer den Apparat der UN, aber auch den der Europäischen Union sowie den Balkan kennt. Denn der ehemalige Anwalt und Journalist bekleidete seit 1995 mehrere Posten im UN-Flüchtlingswerk UNHCR in Bosnien und Herzegowina, war lange Zeit in der Zentrale des UNHCR in Genf tätig und hatte ab November 2003 den Posten eines EU-Abgesandten in Mazedonien inne.

Gestern übernahm Jessen-Petersen das Amt des Repräsentanten des UN-Generalsekretärs im Kosovo. Die Provinz habe eine Schlüsselrolle für die Stabilisierung und Normalität in der ganzen Region, sagte er nach einem Treffen mit dem Präsidenten Kosovos, Ibrahim Rugova, in Priština. Zuvor hatte EU-Außenpolitiker Javier Solana die Wahl Jessen-Petersens als positive Entscheidung begrüßt. Jessen-Petersen kann der leidgeprüften Bevölkerung sogar ein Geschenk mitbringen. Denn die internationalen Institutionen haben angesichts der ständigen Stromabschaltungen beschlossen, eine neues Braunkohlekraftwerk im Kosovo zu bauen. Das milliardenschwere Projekt soll später auch die Nachbarländer mit Elektrizität beliefern.

Doch die Erwartungen an den neuen Mann sind sehr hoch. Denn sowohl die albanische Bevölkerungsmehrheit wie auch die serbische Minderheit im Lande erhoffen sich von Jessen-Petersen die Erfüllung ihrer politischen Forderungen. Die 120.000 Serben wollen die Enklaven, in denen sie leben, als Verwaltungseinheiten anerkannt wissen. Sie fordern eine eigene Polizei und in der Konsequenz damit einen Staat im Staate.

Das wollen die Albaner nicht zulassen. Sie fordern von der UN, die Serben dazu zu zwingen, die gemeinsamen politischen Institutionen zu nutzen, an den Wahlen teilzunehmen und auf lokaler Ebene mit den Albanern zusammenzuarbeiten.

Weiter fordern die albanischen Parteien, die Resolution 1244 des Weltsicherheitsrats, in dem Kosovo als Teil Jugoslawiens, aber auch als UN-Protektorat definiert ist, neu zu formulieren. Das Parlament möchte noch vor den Kommunalwahlen im kommenden Oktober gegen den Willen der UN über die Unabhängigkeit von Serbien abstimmen.

Beide Seiten drängen die UN also, endlich politische Entscheidungen in ihrem Sinne zu treffen. Bisher hat Søren Jessen-Petersen noch nicht erkennen lassen, ob sich die UN zu einer Kurskorrektur entschließt. Über den Inhalt der letzten Sondierungsgespräche mit der EU, den USA und den internationalen Finanzinstitutionen ist nur wenig bekannt geworden.

Laut Gerüchten will die UN nach den gelungenen Präsidentenwahlen in Serbien dem neuen Staatschef Boris Tadić entgegenkommen. Damit ginge die Unmik jedoch das Risiko ein, Unruhen der albanischen Bevölkerung zu provozieren.

ERICH RATHFELDER