Männer im Abseits

Der Hamburger SV hat eine, der VfL Wolfsburg auch und Bayern München sowieso. Doch den Vorstand von Werder Bremen lässt das kalt. Eine Frauen-„Mannschaft“ wird es so bald nicht geben. Die Begründung: „Die Plätze sind ausgebucht“

Früher gab es angeblich keine Damentoiletten, heute keine Plätze

von EIKEN BRUHN

„Warum hat der SV Werder Bremen eigentlich keine Frauenmannschaft?“ Der Werder-Vorstand Klaus-Dieter Fischer kann die Frage nicht mehr hören. „Ständig“ wollten das die Leute von ihm wissen, so Fischer, bei Werder verantwortlich für die Amateur-Abteilungen. Doch zum Nachdenken bringt den 62-Jährigen das öffentliche Interesse nicht. Werder hat keine Frauen-„Mannschaft“, und Fischer versichert, dass sich daran auch in absehbarer Zeit nichts ändern werde. „Die Mädchen spielen bis zur D-Jugend bei uns, und dann gehen sie zu anderen Vereinen.“

Dabei gibt es einen aktuellen Anreiz, sich doch noch einmal mit dem Thema zu befassen. Der Deutsche Fußball Bund (DFB) will dem Frauenfußball einen Schub verpassen und führt zur nächsten Saison neben der ersten eine zweite Frauen-Bundesliga ein – unterteilt in Nord und Süd. Bisher zeige sich, dass die sportliche Qualität und damit der Sprung von den Regionalligen zur Bundesliga zu groß ist, sagt Heike Ullrich, DFB-Referentin für Frauenfußball. „Zurzeit fehlt noch der leistungsorientierte Mittelbau, und es kann sein, dass dadurch Talente nicht entdeckt werden.“ Doch wo der DFB neue Chancen für den Fußball wittert, winkt Werder ab. Ein Mädchen kann noch so Ronaldomäßig stürmen – nach der C-Jugend muss sie ihr Talent woanders anbieten.

Auch anderen Argumenten stimmt Werder-Vorstand Fischer zwar zu, sie bewegen ihn aber nicht zum Umdenken. Ein Beispiel: Ob es nicht so sei, dass die Mitglieder-Zahlen im Männerfußball stagnieren, im Frauenfußball jedoch wachsen würden? Fischer: „Ja, da stimme ich Ihnen unumwunden zu.“

Früher – so geht ein Gerücht – soll sich der Vorstand immer damit rausgeredet haben, dass es keine Damentoiletten auf den Plätzen geben würde. Heute sagt Fischer: „Die Plätze sind ausgebucht.“ Außerdem hätte er Sorge, dass den kleinen Clubs alle Spielerinnen davon rennen würden, weil sie lieber das grün-weiße Trikot trügen. Er gibt sich besorgt um die Zukunft der städtischen „Dorfclubs“: „Wir haben kein Interesse daran, die anderen kaputt zu machen.“

Ja, aber – beginnt ein zweiter Versuch, es mit Argumenten zu probieren – ob es nicht umgekehrt bedeuten könnte, dass eine Werder-Frauenmannschaft es viel leichter in die Medien schaffen würde, der Sport einen Push bekäme und die Mädchen in Scharen bei den Vereinen auflaufen? Und ob es die wirklich guten Spielerinnen nicht zwangsläufig in die größeren Clubs zöge? Die Antwort Fischers: „Ja, da stimme ich Ihnen unumwunden zu.“

Jüngstes schmerzhaftes Beispiel für eine Abwanderung: Nationalspielerin Sarah Günther vom Bremer Stadtteilclub und Regionalliga-Absteiger ATS Buntentor. Ausgerechnet zum Erzrivalen Hamburger SV wechselte die 20-Jährige. „Ich wäre auch gerne zu Werder gegangen, vorausgesetzt, sie würden Bundesliga spielen“, sagt Günther. Was wahrscheinlich wäre, denn sobald sich die etablierten Herrenclubs den Frauen öffnen, hat die Mehrzahl von ihnen sich verstärkt durch Zukäufe schnell nach ganz oben gespielt.

Oder die Vereine sichern sich eine Mannschaft, die bereits hochklassig dabei ist. So wie der VfL Wolfsburg, unter dessen Namen seit dem 1. Juli diesen Jahres der ehemalige WSV Wendschott spielt. „Damit sind die Wölfe eines von vier Teams in der Bundesliga, die auch eine Erstliga-Frauenfußballmannschaft aufbieten. Außer dem VfL sind dies nur noch Bayern München, der Hamburger SV und der SC Freiburg“, brüstet sich der Verein auf seiner Homepage.

Finanziell lohne sich das Geschäft mit den kickenden Frauen zwar nicht, bestätigt Kurt Rippholz, Sprecher des Vereins aus der VW-Stadt. Dafür hätte man gegenüber den anderen Vereinen einen Imagevorteil: „Unser Fußball-Engagement ist nur glaubwürdig und rund, wenn wir es umfassend zeigen.“

Das heißt: Eine Frauen-„Mannschaft“ ist der Beweis, dass es nicht nur ums dicke Geld geht, das sich mit den Stars aus der Bundesliga scheffeln lässt.